Ich rege mich alle paar Monate über Blogs, Twitter und Konsorten auf - diese inkontinenten Gefässe der modernen Medienlandschaft. Vor allem wenn ich einen anderthalbseitigen Artikel ausdrucke und zwanzig Seiten Kommentare mitgeliefert bekomme. Und wenn ich zwanzig Seiten Leserkommentare, Blogs und Twitter lese, die sich widersprechen oder gegenseitig bewundern oder sich sprachsexuell respektive anarchistisch-invektiv aufladen bis zur (intellektuellen) Erschlaffung.
Man erklärt mir, das sei Demokratisierung. Es ist eher ermüdend. Demokratie ist sicher nicht nur ein Stimm- oder Wahlzettel von Zeit zu Zeit. Und der Stammtisch ist längst auf den Bildschirm und zur PR abgewandert. Aber sich seine Psychoanalyse jetzt selbst auf dem Internet zu machen, kommt natürlich billiger und stösst zudem auf Interesse. Nur haben alle diese egolastigen, oft anonymen Meinungen, Falschmeldungen, Halbwahrheiten, Banalitäten, Rufmorde in dieser globalen Cyber-Bedürfnisanstalt auch etwas Deprimierendes, Antipolitisches, obwohl sich da auch viele Politiker profilieren wollen. Ein getwittertes "Oooooh..." oder "Danke!" mit einem prominenten Namen wird zu einem Medienereignis. Denn Dampfablassen ist sozialpsychologisch immer empfehlenswert.
Im Wettstreit um mehr Dummheit - nicht der Fehler allein des Internet - halte man sich aber besser an seriöse, ja todernste Kommentare, wie an denjenigen der "Weltwoche". Da liest man: "Die linksfreisinnige Journalisten-Wohngemeinschaft hat ... das Kommando an der Falkenstrasse übernommen." Bei der NZZ also. Lustiger geht es nicht mehr. Trauriger auch nicht. Denn einst war auch die "Weltwoche" liberal.
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