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America first

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Amerikanische Regierungsbehörden haben einen umfangreichen Klimabericht vorgelegt, an dem 13 Ressorts, darunter das Verteidigungsministerium, beteiligt sind. Darin sagen sie schwerste ökologische Schäden und 10 Prozent Rückgang des Bruttoinlandprodukts voraus, wenn sich der bisherigen Trend fortsetzt und die Klimaerwärmung 4 Prozent erreicht. Und das Ganze sei eine Folge des menschlichen Handelns.

Illusionen

Schärfer kann eine Regierung einem amtierenden Präsidenten nicht widersprechen. Der aber zeigt sich unbeeindruckt und löst damit die wohlbekannten Empörungswellen aus. Die Empörung beruht aber auf einer Illusion: dass ein vernünftiger Präsident den Schlüssel zur Lösung der Umweltproblematik in der Hand hätte.

Ebenso unterliegt der ganze Konferenztourismus zugunsten der Rettung unserer Umwelt dem Irrtum zu glauben, dass aus richtigen Einsichten die entsprechenden Handlungen folgen. Die Teilnehmer dieser Konferenzen sind hellauf begeistert, wenn sie sich auf „Klimaziele“ verständigt haben. Nachdem das gelungen ist, fliegen sie – absolut ökologisch – wieder heim. In ihren Augen bilden die Fragen der „Umsetzung“ den Stoff für den weiteren Konferenzbetrieb.

Grenzen der Politik

So geht das schon seit Jahrzehnten, und in diesem Jahr ist so viel CO2 in die Atmosphäre geblasen worden wie noch nie in der Geschichte der Menschheit. Selbst wenn im nächsten Jahr die Welt von lauter Obamas regiert würde, dürfte sich am nächsten zu erwartenden CO2-Rekord nichts ändern.

Denn auch der beste politische Wille scheitert an der Tatsache, dass die Welt nicht nur von der Politik bestimmt wird. Die Gesellschaft besteht aus den unterschiedlichsten Systemen: Wirtschaft, Technik, Verwaltung, Wissenschaft und so weiter. Der Soziologe Niklas Luhmann hat aus dieser Erkenntnis seine Systemtheorie entwickelt und sich damit viele Feinde gemacht. Man verübelte ihm seine Einsicht, dass beste Absichten weitgehend wirkungslos sind, weil zum Beispiel die Wirtschaft völlig anders tickt als die Politik. Der Grund dafür ist einfach: Jedes System hat seinen eigenen „Code“. In der Politik sind das Wählerstimmen, in der Wirtschaft ist es das Geld. In der Wissenschaft ist die Unterscheidung zwischen richtig und falsch der entscheidende Code.

Ökologische Kommunikation

In Bezug auf die ökologische Problematik hat Luhmann schon 1986 ("Ökologische Kommunikation") gezeigt, dass Warnungen von den unterschiedlichen Systemen ganz unterschiedlich verarbeitet werden. Für Politiker zählt das Umweltthema, wenn es Wählerstimmen kostet oder einbringt. Für die Wirtschaft wird die Umwelt dann relevant, wenn sich damit Verluste oder umgekehrt Gewinne verbinden. Für die Ökologen geht es um die Wahrheit ihrer Modelle und Theorien.

Alle sagen Umwelt, aber für jeden besteht sie aus etwas anderem, weil der eine diese und der andere jene Perspektive hat. Es gibt nicht die einheitliche Vernunft, die sich idealerweise in den höchsten politischen Repräsentanten bündelt. Mit seinem irren Verhalten illustriert Trump diese Tatsache, die er selbst allerdings nicht im Ansatz erklären könnte.

Aber sein Verhalten ist produktiv. Denn nach und nach erkennen die anderen Akteure, dass sie innerhalb ihrer eigenen Systeme handeln können und müssen. Die lokalen Politiker und Behörden ergreifen im Rahmen ihrer Möglichkeiten Massnahmen und haben damit schon jetzt erste Erfolge. Der grösste Umschwung aber findet in der Wirtschaft statt. Denn dort wird das ökologische Thema in die Sprache des Geldes übersetzt.

„Divestment“-Bewegung

Die wichtigsten Investoren sind heutzutage die grossen Fonds, insbesondere die Pensionsfonds. New Yorks Bürgermeister Bill di Blasio, der für die gewaltigen Pensionfonds dieser Stadt verantwortlich ist, hat jetzt erklärt, dass er fünf Milliarden Dollar aus der Fossilindustrie abziehen und in erneuerbare Energie investieren will. Di Blasio ist damit Teil der „Divestment“-Bewegung, zu der auch London gehört. Weltweit erfreut sich die „Divestment“-Bewegung eines regen Zulaufs. Auf diese Weise kommen viele Milliarden zusammen, die in den Bilanzen der konventionellen Betreiber fehlen und umgekehrt wichtige Impulse zugunsten neuer Technologien geben.

Im Marketing spricht man dann vom „Tipping-Point“, wenn ein Produkt oder eine Dienstleistung die kritische Schwelle überschreitet und zum Renner wird. Welche Faktoren dabei jeweils eine Rolle spielen, lässt sich meistens erst im Rückblick sagen: Wodurch entstand die plötzliche Nachfrage? Auf die ökologische Problematik gewendet, zeigen sich zwei gegenläufige Tendenzen:

Tipping-Point

Allen Warnungen und deklamatorischen Zielsetzungen zum Trotz ist die Begrenzung des CO2-Ausstosses beim Einzelnen nicht angekommen. Sparsame Automobile sind Ladenhüter, und der Umstieg auf Elektromobilität hat mit der Ausnahme eines kostspieligen Exoten bei keinem Anbieter zu grosser Nachfrage geführt. Die Warnungen und Mahnungen scheinen eher zu Gleichgültigkeit und Trotz zu führen. Das hat Niklas Luhmann schon vor gut dreissig Jahren vorhergesagt.

Aber es gibt die gegenläufige Tendenz: Weil die Wirtschaft an Gewinn und Verlust hängt und ihr ganz konkret saftige Verluste prophezeit werden, schichten Investoren um. Der amerikanische Klimaforscher Michael Lang geht sogar so weit zu sagen, dass die Begrenzung des Temperaturanstiegs für die USA allein mit diesen wirtschaftlichen Massnahmen erreicht werden kann. Mit ein bisschen Phantasie kann sich vorstellen, dass ein Umsteuern der Wirtschaft auch Einfluss auf das Verbraucherverhalten hat. Denn die Industrie liefert keine Appelle, sondern konkrete Produkte. Vielleicht kommt es auch da zugunsten der Umwelt zu einem Tipping-Point.

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Makaber

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Wir kennen die «Danse macabre» aus der Musikgeschichte als die französische Bezeichnung für den Totentanz. Camille Saint-Saëns hat eine bekannt gewordene symphonische Dichtung für Orchester und Solovioline mit diesem Titel geschrieben. Im allgemeinen Sprachverständnis bedeutet makaber soviel wie gruselig, gespenstisch, unheimlich, todbezogen.

Eine Oper in zwei Fassungen

November ist in der christlichen Tradition der «Friedhofmonat», und bevor dieser zu Ende geht, sei eine der erstaunlichsten Opern der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hier kurz ins Licht, besser wohl: in ihre eigene todbesessene Dunkelheit gerückt. Der ungarische Komponist György Ligeti (1923–2006), der nach dem Ungarn-Aufstand von 1956 nach Deutschland emigrierte, komponierte die erste Fassung seiner Oper «Le Grand Macabre» zwischen 1975 und 1977. Zur Uraufführung kam es im Jahr 1978 in Stockholm, allerdings in einer schwedischen Fassung, welcher bald einmal englische, deutsche, französische und italienische Varianten folgen sollten. Es ist selten genug, dass zeitgenössische Opern es schaffen, nach ihrer Erstaufführung nicht sogleich wieder im Orkus der Vergessenheit zu verschwinden.

Die literarische Vorlage des Librettos war ein französisch verfasstes Theaterstück des belgischen Surrealisten Michel de Ghelderode. Ligeti hat selbst das Libretto geschrieben zusammen mit dem auf das Marionettentheater spezialisierten Deutschschweden Michael Meschke. Zustande kam – in Ligetis eigenen Worten – «ein Zwitter, halb Oper, halb Schauspiel». Für den Komponisten gab es in der ersten Fassung zu viel gesprochenen Dialog, zu wenig durchkomponierte, rhythmisch und melodisch fixierte Teile. So machte er sich erneut an die Arbeit, schrieb ganze Passagen neu, und es kam 1996 zu einer «nunmehr endgültigen» Fassung der Oper, von der Ligeti überzeugt war, sie entspreche nun viel genauer einer Oper als einem teilweise eben nur gesprochenen «Singspiel».

Ein Weltuntergangs-Szenario

Die in der Oper erzählte Geschichte ist vollkommenes «absurdes Theater». Sie spielt in einem imaginären «Breughelland im soundsovielten Jahrhundert» auf einem Friedhof, in welchem das Liebespaar Amanda und Amando einen ungestörten Platz sucht, um sich der Liebe hinzugeben. Dem Grab, in welchem die beiden zu ihren eingermassen ungestörten Liebeszielen kommen, entsteigt zuvor Nekrotzar, «der grosse Makabre», ein zwielichtiger Demagoge, grossmaulig, schwadronierend und von so heil- wie sinnlosem Sendungsbewusstsein angetrieben. Er will seine apokalyptischen Visionen unmittelbar in die Tat umsetzen und das Ende der Welt herbeiführen.

In seiner Gesellschaft finden wir Piet zum Fass, einen Säufer und Angeber, eine Knechtsfigur und Sancho-Panza-artigen Zudiener des Herrschers Nekrotzar, der von sich behauptet, er selbst sei der Tod und sei nun gekommen, um die Welt definitiv zugrunde zu richten. Die Oper besteht aus vier Bildern, in welchen die sonderbarsten Figuren den angekündigten Weltuntergang bevölkern. So lernen wir im zweiten Bild den Hofastrologen Astradamors und seine sado-masochistische Frau Mescalina kennen. Es wird in der Folge der Ereignisse in seinem Forschungslabor jede Art von Zukunftsaussicht als lächerlich abergläubisch und als total sinnlos ad absurdum geführt.

Das dritte Bild interessiert uns in hier besonderer Weise. Es ist eine Parodie auf politische Systeme, auf Regierende und ihre Minister, auf Willkürherrschaft und Profitgier aller Beteiligten. Eine Verhöhnung auch der Moral, denn es kommt kein anständiger Mensch in Breughelland vor. Regiert wird Breughelland von einem verfressenen Babymonster Namens Go-Go. Eigentlich regieren hier aber zwei Minister, die sich gegenseitig verhauen und absetzen und die Verfassung für papierenen Ramsch erklären. Tauglich ist die Regierungsmannschaft eigentlich nur zum Fressen und Saufen.

Da taucht Gepopo auf, der Chef der geheimen politischen Polizei, mit unverständlich chiffrierten Nachrichten. In seinem Gefolge befinden sich Folter- und Henkersknechte, man hört im Hintergrund Demonstranten, Wut- und Angstschreie des Volkes. Gepopo verschwindet und kehrt wieder, nun als Riesenspinne, die sich in einen Polypen verwandelt. Es erscheinen jetzt auch die schon bekannten Figuren vom Friedhof wieder, Nekrotzar, Piet und Astradamors. In verzerrten Zitaten aus der Offenbarung des Johannes wird der Weltuntergang verkündet, doch Breughelland artet in ein chaotisches Besäufnis aus, bei welchem dem Reiter Nekrotzar seine Todesrequisiten – Sense, Trompete, Pferd – abhandenkommen.

Das Schlussbild der Oper findet wieder auf dem Friedhof statt. Die Betrunkenen kommen allmählich wieder zu sich, in Gegenwart von Ruffiack, Schobiack und Schabernack, drei wilden Haudegen. Die scheintote Mescalina steigt auch aus dem Grab. Man beschuldigt einander gegenseitig, astronomische Steuern erhoben, die Inquisition eingeführt und die Beseitigung der Regierung geplant zu haben. Nekrotzar muss feststellen, dass seine Todesherrschaft eine grosse Selbsttäuschung war. Alle leben und wollen weiterleben. Der Unheilkünder Nekrotzar schrumpft und verschwindet spurlos im Boden. Das Liebespaar entsteigt, vom Liebesgeschäft etwas zerrupft, aber glücklich dem Grab.

In einer raffinierten Passacaglia, einem Lebenstanz, führt Ligeti die Todesfarce zu Ende. Die Schlussverse der Oper lauten: «Fürchtet den Tod nicht, gute Leut’! / Irgendwann kommt er, doch nicht heut’! / Und wenn er kommt, dann ist’s soweit ... / Lebt wohl so lang in Heiterkeit!»

Neue Klangwelten

Dieses permanente surreale Neben- und Ineinander von Todesernst und Lebensklamauk könnte die Zuschauer mit der Zeit ermüden und langweilen, gäbe es da nicht von Partiturseite zu Partiturseite unentwegt musikalische Überraschungen der bisher nie gehörten Art. Dass Ligeti ein Klangzauberer und Erfinder des Niegehörten war, haben bereits seine frühen Werke bewiesen. Hier schöpft er aber ganz aus dem Vollen und Urtümlichen und mutet uns Klänge und Rhythmen zu, die Angst und Schrecken ebenso erzeugen wie grenzenlose Begeisterung und einen Sinnentaumel frenetischer Wildheit. Das Werk stellt allerhöchste Ansprüche an Dirigenten, Solisten und Chor, aber auch an die bühnentechnische Phantasie. Es gibt inzwischen sowohl CD- wie DVD-Realisationen der endgültigen Fassung von Ligetis Oper, bei denen man nur sagen kann: Chapeau vor soviel Courage und soviel Können!

Ligeti hat die drei Auftritte von Gepopo, dem Geheimpolizeichef aus dem 3. Bild der Oper zu einem Stück – man könnte sagen: einer «Konzertarie» – vereinigt, die heute oft getrennt von der Oper als «Mysteries of the Macabre» aufgeführt werden. Sie gehört zum Schwierigsten und Virtuosesten, was je für eine Singstimme mit Orchesterbegleitung komponiert wurde. Davon gibt es sogar verschiedene Varianten. Neben der hier vorgestellten auch eine, die statt der Stimme eine Solotrompete verwendet und die der englische Dirigent und Komponist Elgar Howarth für Kammerorchester «uminstrumentiert» hat.

Die kanadische Sängerin und Dirigentin Barbara Hannigan hat diese Paradenummer aus Ligetis Oper oft zum uneingeschränkten Gaudi des Publikums interpretiert. Ich wähle hier die Variante mit Simon Rattle und dem London Symphony Orchestra aus. Es gibt auf youtube interessante Alternativen mit der gleichen Solistin, Aufnahmen aus New York und aus Göteborg, in denen die Künstlerin singt, schauspielert und das Orchester auch noch selbst dirigiert. Hörens- und sehenswert, geradezu umwerfend in Stimmtechnik und sängerischem Explorieren des Grenzwertigen, sind sie alle!

György Ligeti: Mystère du macabre, Barbara Hannigan (Sopran) mit dem London Symphony Orchestra, geleitet von Sir Simon Rattle

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Wie die Deutschen in den Iran kamen

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Vielleicht sollte man nach Ohlendorf fahren. Denn vielleicht kommt man an diesem kleinen niedersächsischen Ort der Lösung des Rätsels näher, was die „rätselhafte Liebesbeziehung zwischen Deutschland und dem Iran“ ausmacht, die „jeden Krieg, jeden Umbruch, jede Revolution“ überdauere, wie es Josef Joffe, Herausgeber der Zeit, beschrieb.

Es ist eine zwiespältige Liebesbeziehung: für die einen eine gefährliche Liaison zwischen Faschismus und Islam, für andere eine ebenso komplizierte wie dauerhafte Beziehung, die weit über das Offizielle, die profane Politik hinaus geht. Was verbindet die Deutschen und die Iraner, Deutschland und den Iran? Nach einer Erklärung dafür wird seit hundert Jahren gesucht.

Ohlendorf, einst eine selbstständige Gemeinde, heute ein Stadtteil von Salzgitter, hat gleich seine ganze Hauptstrasse nach einem Sohn des Ortes benannt, der wie kaum ein anderer Deutscher diese „rätselhafte Liebesbeziehung“ verkörpert. Wilhelm Wassmuss heisst der Mann, der 1880 in einer armen Bauernfamilie hier im Vorharz geboren wurde, Orientalistik studierte und 1914 als deutscher Konsul nach Buschehr am Persischen Golf kam. Bis heute bewahrt das Stadtarchiv den Nachlass dieses mittlerweile weitgehend vergessenen Bürgers der Gemeinde – dessen Rolle einst jedoch mit der eines „Lawrence von Arabien“ verglichen wurde.

Ein „deutscher Lawrence“?

Wassmuss war 34 Jahre alt, als er in den Iran kam, doch er hatte bereits eine jahrelange Odyssee durch verschiedene Länder der Region hinter sich. Seine Ankunft im Iran markiert den aktiven Eintritt Deutschlands in die iranische Politik.

Wilhelm Wassmuss (*14. Februar 1880; † 29. November 1931)
Wilhelm Wassmuss (*14. Februar 1880; † 29. November 1931)

Die Briten nannten den agilen Diplomaten einen „deutschen Lawrence“. Denn zwischen den Aktivitäten des echten „Lawrence von Arabien“ und jenen Wassmuss‘ gibt es zahlreiche Parallelen. Dennoch war und ist dieser Vergleich fatal. Denn er führte zu einem Missverständnis, das bis heute die historische Wahrnehmung der Deutschen prägt.

Kämpfte T. E. Lawrence im Dienste der Briten aufseiten der arabischen Muslime, die ein „wahres arabisches Kalifat“ errichten und das „falsche Kalifat“ der Osmanen beseitigen wollten, so muss auch „unser Lawrence“ Ähnliches getan haben, lautet dieses Missverständnis: Auch Wilhelm Wassmuss muss auf den südiranischen Schlachtfeldern mit iranischen Islamisten für ein anderes Kalifat, wahrscheinlich ein persisches, gefochten haben. So einfach schreibt und liest sich die Geschichte – bis heute.

Die Konjunktur des Kalifats

Und in unseren Tagen, da Orient und Islamismus oft gleichgesetzt werden und der islamistische Terror die Tagesordnung beherrscht, verschwindet eine schillernde Figur wie Wassmuss leicht hinter einer solchen Geschichtsrezeption. Plötzlich mutiert auch der Erste Weltkrieg – jedenfalls der Teil, der auf iranischem Territorium stattfand – zu einem heiligen Krieg, in dem Islamisten am Werk waren. Und Wilhelm Wassmuss verwandelt sich in einen deutschen Dschihadisten. Denn das Klischee, dass das deutsche Kaiserreich versucht habe, Muslime im Nahen und Mittleren Osten zu einem Heiligen Krieg gegen Russland, Frankreich und Grossbritannien aufzuhetzen, begleitet uns 2018 durch das ganze Jahr* – immer dann, wenn man uns an die Schlachtfelder vor hundert Jahren erinnern will. Klischees sind eben langlebig, sie sterben schwer aus – und das Kalifat hat Konjunktur, vor allem in unseren Tagen.

Um des Endes des Ersten Weltkriegs zu gedenken, veröffentlichte die Wochenzeitung „Die Zeit“ einen langen Beitrag mit dem Titel „Der deutsche Dschihad“. Er beginnt mit folgenden Sätzen: „Vor 100 Jahren projizierten sich auf das Kalifat und den Heiligen Krieg schon einmal Machtfantasien kontinentalen Ausmasses. Doch damals waren es nicht fanatisierte Muslime, die sich einen Gottesstaat erträumten, sondern deutsche Intellektuelle und Politiker, die den Islam für ihre Zwecke einspannen wollten. Ein Kalifat mussten sie dafür nicht erst herbeiwünschen: Es existierte bereits in Gestalt des Osmanischen Reichs, das mit diesem Titel den Anspruch erhob, Schutzmacht des Islams zu sein.“

Alles andere als Islamismus

Wo diese Art der Geschichtsschreibung herrührt, ist ein anderes Thema, über das sich ein dickes Buch schreiben liesse. Man mag sich die Geschichte so vereinfachen können. Doch im Falle des Iran entspricht das keineswegs der Realität. Durch die Brille eines iranischen Historikers betrachtet, sieht man eine vollkommen andere Geschichte. Die Deutschen haben darin auf der iranischen Bühne eine andere, eine neue Rolle gespielt.

Als Wassmuss im Iran eintrifft, sind britische Truppen bereits in das neutrale Land einmarschiert. Grossbritannien und Russland sind dabei, den Iran von der Weltkarte zu tilgen und ihn in ihre Weltimperien einzugliedern. Doch überall im Land gibt es Gegenwehr. Vor allem im Süden, wo Wassmuss seinen diplomatischen Dienst verrichtet, stossen die britischen Besatzungstruppen auf unerwarteten Widerstand.

Dabei sind allerdings weder Islamisten am Werk noch will man ein Kalifat errichten. Der Iran hat gerade eine konstitutionelle Revolution hinter sich, die nicht nur die Macht des Monarchen, sondern auch die der Geistlichen eingeschränkt hat. Im Süden des Iran waren vor allem die Stammesführer der Qaschqai Träger dieser Revolution gewesen, sie kämpfen nun gegen die britischen Besatzer. Ihnen schliesst sich Wilhelm Wassmuss an. Des arabischen Kalifats hatte sich der Iran da bereits vor mehr als 500 Jahren entledigt.

Eine antikoloniale Erhebung

Was Wassmuss im Iran vorfand und woran er sich aktiv und mit eigenen Ideen beteiligte, war eine antikoloniale Erhebung, die sich einer imperialen Macht entgegenstellte. Natürlich war Wilhelm Wassmuss auch der Gesandte eines europäischen Kaiserreichs, natürlich vertrat er ohne Wenn und Aber deutsche Interessen. Doch sahen seine iranischen Mitkämpfer in ihm keinen Agenten eines Weltimperiums. Das waren für sie vor allem die Briten und die Russen. In den iranischen Städten und Dörfern marodierten keine deutschen Besatzungstruppen, dafür aber britische und russische, die das Land bereits unter sich aufgeteilt hatten.

Während des ersten Weltkrieges wurde der Süden des Iran von den Briten besetzt und der Norden von den Russen!
Während des ersten Weltkrieges wurde der Süden des Iran von den Briten besetzt und der Norden von den Russen!

Wassmuss eignet sich also nicht dafür, die damalige iranische Erhebung gegen die britische Kolonialmacht zu einer islamistischen Rebellion für die Errichtung eines Kalifats zu erklären.

Und auch für den Versuch „völkisch“ denkender deutscher Autoren, ihn für ihr Geschichtsbild zu instrumentalisieren, taugt er nicht. Am 23. Dezember 1918 schrieb Wassmuss in sein Tagebuch:

„Ich hatte gestern Abend so meine Gedanken, was das Ergebnis des Krieges sein wird. Tötung des Nationalitäten-Hasses, hoffe ich.“

Katz- und Mausspiel mit den Briten

Vier Jahre lang war Wassmuss im Süden des Iran aktiv. Über die Beweglichkeit, die Tapferkeit und die Tricks des Deutschen gibt es im Iran unzählige Geschichten und Gerüchte, die auch heute noch erzählt werden. Was davon Wahrheit, was Dichtung ist, lässt sich kaum noch auseinanderhalten. Der Aufstand gegen die Briten im Südiran scheitert jedenfalls, Wassmuss gerät in britische Gefangenschaft. Die Unruhen dauern an. Den Briten gelingt es nicht, ihre indische Kolonie über den Süden, den Iran, mit Arabien zu verbinden, wo ihr Lawrence am Werk war.

So gesehen war der junge Deutsche also immerhin erfolgreich, obwohl Deutschland den Ersten Weltkrieg in Europa verlor.

Jahre später kommt Wassmuss aus britischer Gefangenschaft frei. In den Folgejahren kämpft er vergeblich mit deutschen Behörden um die Freigabe von Geldern, die er den persischen Soldaten für die Teilnahme am Widerstand gegen die Briten versprochen hat. 1924 kehrt er nach Buschehr zurück, kauft dort ein Stück Land und gründet eine Farm – aus deren Erlös er jenen Sold bezahlen will, den er den Rekrutierten versprochen hatte. Doch auch das scheitert, Wassmuss kehrt im April 1931 als gebrochener Mann nach Berlin zurück und stirbt ein halbes Jahr darauf.

Patriotische Stimmung

Wassmuss und alle anderen deutschen Intellektuellen, die sich vor 100 Jahren mit dem Iran beschäftigten oder sich dort hinbegaben, hatten alles andere im Sinn, als dort ein Kalifat zu errichten. Damals begann Deutschland, seine Präsenz in Persien zu entfalten – und zwar vollkommen anders als alle anderen europäischen Mächte: subtil, nachhaltig und wahrscheinlich genau deshalb so dauerhaft.

Deutschland war im Iran keine Kolonialmacht: Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb ist dieser kulturell und wirtschaftlich von Deutschland stärker geprägt als von jeder anderen ausländischen Macht. Um zu verstehen, warum Deutschland im Iran erfolgreicher war als alle seine europäischen Konkurrenten, ist es nötig, sich zu vergegenwärtigen, in welchem Zustand sich der Iran vor hundert Jahren befand.

Ein Land zerfällt

Der Erste Weltkrieg hatte den Iran in eine Katastrophe gestürzt. Der Zentralstaat war gescheitert, Millionen Menschen verhungerten. Überall im Land gab es Unruhen; hinzu kam, dass Grossbritannien den Süden besetzt hielt und versuchte, sich der dortigen Ölquellen zu bemächtigen. Der Iran war dabei, von der Landkarte zu verschwinden. Die britische Imperialmacht und das zaristische Russland waren die Hauptverantwortlichen für diese Katastrophe, so sah es jedenfalls die iranische Elite. Antibritische und antirussische Stimmung herrschte im ganzen Land. Und genau das war das unschätzbare Kapital, auf dem die Deutschen ihre Politik im Iran aufbauten.

„Kaveh“, ein Schmid gegen die Tyrannei

Wilhelm Wassmuss hatte sich im Süden des Iran schon zwei Jahre lang ein Katz- und Mausspiel mit den britischen Besatzungstruppen geliefert, als im Auswärtigen Amt in Berlin eine Gruppe Exiliraner eintraf. Friedrich Rosen, der bekannteste Orientalist der Zeit und ein Kenner der iranischen Literatur, hatte diese Iraner ausgesucht und zusammengebracht. Sie sollten eine literarisch anspruchsvolle antibritische Kampfzeitschrift herausgeben. Rosen, der wichtigste Diplomat Kaiser Wilhelms II, soll dafür den Namen Kaveh vorgeschlagen haben. Kaveh ist eine Gestalt aus der iranischen Mythologie, ein Schmid, der gegen die Tyrannei kämpft – und siegt.

Kaveh wurde zu einer wirkmächtigen Publikation, die die iranische Geschichte nachhaltig verändern sollte. Das deutsche Außenministerium finanzierte, organisierte und verbreitete sechs Jahre lang, von 1916 bis 1922, dieses einmalige Kampfblatt. Es sollte die beste politische und literarische Zeitschrift werden, die in persischer Sprache bis dahin je erschienen war.

Die Redaktionsmitglieder waren die bekanntesten und fähigsten Intellektuellen, die der Iran damals aufbieten konnte. Chefredakteur war Hassan Taqizadeh, eine der schillerndsten Figuren der jüngsten iranischen Geschichte. Er wurde später Abgeordneter, Minister, Diplomat und Botschafter, aber auch anerkannter Wissenschaftler, Publizist und Universitätsprofessor. Und Taqizadeh versammelte in seiner Berliner Redaktion Männer um sich, die alle später die iranische Politik und Geisteswelt bleibend prägen sollten: etwa Mohammad Ali Djamalzadeh, der Vater des modernen iranischen Romans, oder Mohammad Ghazvini, Begründer der modernen Literaturforschung an der später gegründeten Teheraner Universität.

Reza Schah versuchte, den Iran mit mit eiserner Hand zu modernisieren und veranlasste in diesem Zusammenhang ein Kopftuchverbot für Frauen
Reza Schah versuchte, den Iran mit mit eiserner Hand zu modernisieren und veranlasste in diesem Zusammenhang ein Kopftuchverbot für Frauen

Mit spitzen Federn nahmen die Autoren die Rückständigkeit des Landes und die iranischen Mullahs aufs Korn. Taqizadeh wusste dabei sehr gut, wovon er sprach: Er, der bis zum zwanzigsten Lebensjahr selbst Mullah war, kannte sich im Islam bestens aus. Über die Zeitschrift sprach im Iran damals jeder, der lesen und schreiben konnte. Kaveh war niveauvoll und verständlich zugleich. Und wurde später selbst zum Forschungsgegenstand: Dutzende Literatur- und Geschichtsstudenten und jeder, der über die deutsche Iranpolitik forschte, schrieben über diese Zeitschrift ihre Doktorarbeiten. Und man schreibt und forscht immer noch über Kaveh.

Mit diesem Produkt einer Berliner Druckerei, das der deutsche Staat finanzierte, identifizierte sich damals fast jeder, der den Zerfall des Iran verhindern wollte. Die Hinwendung zu Deutschland war dabei inklusive.

Der Offizier der Kaukasier-Truppe

Kaveh spiegelte eine patriotische Stimmung wider, die bald Wirkung zeigen sollte. Als in Berlin der fünfte Jahrgang der Zeitschrift gefeiert wurde, marschierte ein Offizier der iranischen Kaukasier-Brigade mit seiner Truppe in Teheran ein und forderte die dahinsiechende Monarchie heraus. Er hieß Reza Khan, wurde nach seinem Einmarsch erst Verteidigungsminister, dann Ministerpräsident und drei Jahre später als Reza Schah Pahlevi neuer König des Iran. Die Berliner Redaktion um Taqizadeh hatte ihr politisches Ziel erreicht. Fast alle Redaktionsmitglieder kehrten damals in den Iran zurück.

Vorbild Atatürk

Der einstige Kaveh-Chefredakteur wurde zum wichtigsten Berater Reza Khans, des späteren Königs. Auch die anderen Redaktionsmitglieder unterstützten den neuen Herrscher, dessen Vorbild Kemal Atatürk gerade dabei war, das Nachbarland Türkei von Grund auf umzugestalten.

Auch Reza Schah trieb die Modernisierung des Iran energisch voran. Er schränkte die Macht der Geistlichkeit ein und versuchte, aussenpolitisch neutral zu bleiben. Die Historiker stimmen darin überein, dass Reza Schah mit seinen Reformen das Projekt des „nation building“ im modernen Iran vollendete. Man sagt ihm eine gewisse Germanophilie nach, doch es ist zweifelhaft, ob er diesen Begriff überhaupt kannte. Reza Schah war Analphabet und lernte erst im Erwachsenenalter Lesen und Schreiben.

Die Blütezeit der Deutschen

Unbestreitbar jedoch standen die Deutschen während seiner Regentschaft bei allen Projekten, mit denen Reza Schah das Land umgestalten wollte, an erster Stelle. Bei der Gründung der Universität, dem Umbau der Verwaltung, dem Straßenbau oder dem Gesundheitswesen: Überall bevorzugte Reza Schah die Deutschen. Legendär ist das Projekt der transiranischen Eisenbahn, die zwischen 1927 und 1938 gebaut wurde und Teheran mit dem Persischen Golf im Süden und dem Kaspischen Meer im Norden verband. Für den Bau dieser langen Bahnstrecke gründeten deutsche Firmen eigens ein Konsortium, in dem fast die gesamte deutsche Industrie vertreten war: von Julius Berger über Philipp Holzmann und Siemens bis hin – natürlich – zu deutschen Banken.

Er wollte eine Republik und wurde König

Reza Schah war Patriot. Wie Atatürk aus der Türkei wollte er aus dem Iran eine Republik machen, doch die Ayatollahs waren vehement dagegen. Sie fürchteten um ihre Macht und glaubten, eine Republik führe zwangsläufig zum Säkularismus. „Der König ist der Schatten Gottes“, lautet eine ihrer religiösen Überlieferungen. Doch auch als König setzte Reza Schah sein Projekt des Säkularismus durch, etwa das Schleierverbot für Frauen, die Einführung des Wehrdienstes für alle Iraner – einschließlich der Mullahs –, und eine weltliche Gerichtsbarkeit. Ironie der Geschichte: „Republik“ lautete die Hauptparole von Ayatollah Ruhollah Khomeini, mit der er 1979 der Monarchie im Iran ein Ende setzte.

Aussenpolitisch versuchte Reza Schah zwischen den Grossmächten zu manövrieren. Doch diese Neutralität sollte ihm zum Verhängnis werden. Er wollte auch im Zweiten Weltkrieg neutral bleiben. Vergeblich. Im März 1941 marschierten britische und sowjetische Truppen im Iran ein, teilten das Land wieder einmal unter sich auf und setzten dem Schah am 17. September 1941 das Ultimatum, bis 12 Uhr mittags das Land zu verlassen. Was er auch tat und seine letzte Reise ins südafrikanische Exil antrat.

Die Zeit Reza Schahs war die Epoche der deutschen Präsenz im Iran. Die Weimarer Republik ebenso wie die Nazis und später die Bundesrepublik setzten fort, was Wassmuss im Süden des Iran vorhatte und die iranischen Exil-Intellektuellen in der Berliner Kaveh-Redaktion wollten.

Für den Bau der transiranischen Eisenbahn gründeten deutsche Firmen eigens ein Konsortium.
Für den Bau der transiranischen Eisenbahn gründeten deutsche Firmen eigens ein Konsortium.

Mehr als Autos und Eisenbahnen

Im Gegensatz zu anderen Grossmächten trafen die Deutschen also nicht mit Armeeverbänden im Iran ein. Dennoch brachten sie mehr mit als andere – im Guten wie im Schlechten: nicht nur Eisenbahnen und Autos, sondern auch den faschistischen Bazillus, kommunistische Ideen und sogar die Freimaurerei.

Auch diese Seite der iranisch-deutschen Beziehung ist bis in unsere Tage auf deutschen Strassen zu greifen: etwa am 2. Juni 1967, als iranische und deutsche Linke in Berlin gemeinsam gegen Schah Mohammed Reza Pahlevi, Sohn des einst ins Exil getriebenen Schahs, protestierten. Der deutsche Student Benno Ohnesorg wurde erschossen und die 68er Bewegung nahm eine neue Wende. Was links ist, was Karl Marx sagte und warum man für den Kommunismus kämpfen solle, haben die Iraner aus Deutschland importiert.

Taghi Arani, Urvater des iranischen Kommunismus und Gründer der kommunistischen Tudeh-Partei, war ein in Berlin studierter Chemiker. Als er seinen Berliner Professoren 1928 seine Doktorarbeit über Pyrophosphorsäure vorlegte, hatte Arani in der Weimarer Republik noch mehr gelernt. Er war es, der nach seiner Rückkehr in den Iran marxistische Bücher ins Persische übersetzte und eine Kaderpartei nach deutschem Vorbild ins Leben rief. Auch die Mehrheit des Zentralkomitees dieser Partei hatte deutsche Hochschulen besucht. Und als die Partei im Iran verboten wurde, flüchtete die Parteiführung – ins deutsche Leipzig.

Die makabre Seite der Liebe

Und die Beziehung hat auch eine makabre, gar mörderische Seite. David Ali S., jener Deutsch-Iraner und überzeugte Rechtsextremist, der am 22. Juli 2016 in München neun Menschen erschoss, verkörpert diese gespenstische Interpretation der Beziehung, die manche Deutsche und Iraner verbindet. S. hielt sich für einen Arier und fühlte sich gemobbt, wenn seine Umgebung ihn nicht so sehen wollte – man könnte mit dem deutschen Dichter Bert Brecht auch sagen: „Der Schoss ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“

Denn die Nazis waren im Iran propagandistisch nicht nur sehr aktiv, sondern zum Teil auch sehr erfolgreich. Bis vor kurzem hing über dem Portal des Teheraner Hauptbahnhofs noch ein Hakenkreuz, und ein bekannter Stadtteil der iranischen Hauptstadt trägt den Namen „Nazi-Abad“ – will heißen: von den Nazis urbanisiert. In den dreissiger und vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es bekannte und einflussreiche Iraner, die sowohl in Deutschland wie auch im Iran für die NSDAP tätig waren. Die Mehrzahl von ihnen waren keine bezahlten Agenten, sondern Überzeugungstäter, die nach dem Zweiten Weltkrieg, übrigens ähnlich wie in Deutschland, auch im Iran Karriere machten. Sie waren und sind immer noch der Meinung, der Iran sei das Ursprungsland der Arier. Der gestürzte Schah nannte sich offiziell „آریا مهر„, „die Sonne der Arier“.

Zu den eher bizarren Aspekten der deutsch-iranischen Beziehung gehört wahrscheinlich die Freimaurerei, die heute manche Exiliraner von Los Angeles bis Paris zusammenbringt. Auch sie verdanken die Iraner den Absolventen deutscher Hochschulen. Es war Jafar Sharif-Emami, der in Deutschland Eisenbahntechnik studierte und später iranischer Minister- und Senatspräsident wurde, der diese neue Idee in den Iran brachte. Der einflussreiche Politiker gründete 1969 in Teheran eine Großloge, der 43 Logen unterstanden und die bis zum Sturz der Monarchie sehr aktiv war.

Und die Liebe

Last but not least ist es tatsächlich die Liebe: sind es mit Sicherheit jene Tausenden binationalen Ehen, die zwischen Deutschen und Iranern in den letzten hundert Jahren geschlossen wurden, die die Beziehung zwischen den beiden Ländern lebendig halten.

* DIE ZEIT, FAZ ,TAGESSPIEGEL, Heise, Matthias Küntzel

Mit freundlicher Genehmigung von IranJournal.org

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Oscar Wilde, 1854–1900

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In der Stadt lebt man zu seiner Unterhaltung, auf dem Land zur Unterhaltung der anderen.

Cold War – Liebe in Aufruhr

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Beherzt spielen Volksmusiker auf, singen mit seelentiefer Inbrunst vom harten Alltag, von wehmütiger Liebe, direkt der Kamera zugewandt. Man sieht zudem Leute mit Mikrophonen und Tonband-Geräten. Was wie eine Dokumentation über eine ethnographische Feldstudie anmutet, ist der Prolog zum verwunschen schönen Spielfilm „Cold War“ von Paweł Pawlikowski.

Polnische Provinz, 1949. Seit den Schrecknissen des Zweiten Weltkriegs sind vier Jahre vergangen, die Wunden noch längst nicht vernarbt. Zumal die Hitler-Herrschaft durch eine neue abgelöst worden ist: den totalitären Kommunismus russischer Prägung unter der Fuchtel des unberechenbaren Diktators Joseph Stalin; die „bleierne Zeit“ geht in der neu geschaffenen Volksrepublik Polen weiter.

Aus propagandistischen Gründen wollen die Machthaber das Image ihres Landes aufpeppen, indem sie die „Volkskultur“ nach aussen stärken. Also werden Sachverständige ausgesandt, um Musiker, Sänger und Tänzer zu rekrutieren. Auf einem verwahrlosten Herrschaftsgut wird sodann ein Camp eingerichtet und eine folkloristische Tournee-Truppe zusammengestellt. Sie soll in der Heimat, in sozialistischen Bruderländern wie der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) aber auch in westlichen Metropolen wie Paris auf schmissige Art für die Errungenschaften des real existierenden Sozialismus werben und den Genossen Stalin lobpreisen.

Der Träumer und die Frau mit Geheimnis

Der Plot von „Cold War“ fokussiert auf die bewegende und bewegte Liaison des Pianisten und künstlerischen Leiters Wiktor mit der viel jüngeren, erdigen Zula. Sie ist ein stimmgewaltiges Naturtalent mit stupendem Selbstbewusstsein und viel Chuzpe; aus ihrem Mund klingt sogar die knarrende sozialistische Kampflied-Hymne, die „Internationale“, wie eine Arie.

Tomasz Kot als Wiktor
Tomasz Kot als Wiktor

Wiktor schlägt Zula umgehend als Frontfrau vor und erkürt sie zur Geliebten. Das entgeht dem habichtartigen Kultur-Cheffunktionär Kaczmarek nicht, der bei den zentralen Entscheiden das Sagen hat. Auch er ist von Zulas Reizen angetan und verfügt über intime Kenntnisse ihres Vorlebens. Das verschafft ihm eine Machposition, die er gnadenlos ausnutzt.

Im Schüttelbecher der Gefühle

Das Beziehungsdrama „Cold War“ ist nun lanciert, angesiedelt in einem politisch-ideologischen Klima, wo das klassenkämpferische Gemeinwohl über dem Privaten steht. Und für individuelle Lebens- und Liebesfreiheit kaum Raum bleibt. In einer Handvoll subtil verdichteten Episoden wird Pawlikowski zum Chronisten einer Amour fou in den Zeitläufen des Kalten Krieges zwischen Ost und West.

Das Unterhaltung-Kollektiv – es ist dem 1948 gegründeten polnischen Mazowsze-Ensemble nachempfunden, das bis heute unterwegs ist – erlebt eine umjubelte Feuertaufe in Warschau. Dann reüssiert es in Ostberlin, wo in den Jahren vor dem abschottenden Mauerbau 1961 der sogenannte „Eiserne Vorhang“ zum Westen noch durchlässig ist. Und wo sich für Wiktor und Zula die Frage nach bedingungsloser Treue zur sozialistischen Heimat oder der Flucht ins freiheitliche West-Exil stellt.

Dokumentarisch und fiktional

Eine Frage, mit der auch Regisseur Paweł Pawlikowski von Kindsbeinen an konfrontiert wurde. 1957 in Warschau geboren, verliess er mit seiner Mama als Vierzehnjähriger Polen, lebte in Grossbritannien, Deutschland und Italien. 1977 studierte Pawlikowski in London und Oxford Philosophie. In den späten 1980er-Jahren realisierte er etwa für die BBC Dokumentarfilme, gewann etliche Preise, darunter den renommierten Emmy-Award.

Seit 1998 dreht Pawlikowski vielbeachtete Spielfilme wie die Coming-of-Age-Story „My Summer of Love“ oder „The Woman in The Fifth“ mit den Stars Ethan Hawke und Kristin Scott Thomas. Für „Ida“, die Sinnsuche einer polnischen Novizin in den frühen 1960er-Jahren, wurde er 2015 mit dem Oscar für den besten nichtenglischsprachigen Film geehrt. „Cold War“ wiederum erhielt 2018 am Filmfestival von Cannes den Regie-Preis. Die Inspirationsquelle für dieses Opus war übrigens die komplexe Partnerschaft von Pawlikowskis Eltern: Ihnen hat er den Film gewidmet und sie sind auch die Namensgeber der Protagonisten Wiktor und Zula.

Die „Cold War“-Story erstreckt sich über eine Zeitspanne von 15 Jahren und spielt an internationalen Stationen, wo es zu überraschenden, wegweisenden Begegnungen von Zula und Wiktor kommt: Zweimal in der vom Existenzialismus durchtränkten Bohème-Szenerie in Paris, aber auch im mediterranen Split in der Sozialistischen Republik Kroatien, die Mitte der 1950er-Jahre weltoffener war als andere Länder im Ostblock. Das anrührende Finale des Films ist dann wieder in Polen verortet.

Von Bach bis Bill Haley

Paweł Pawlikowskis Film besticht durch formale und narrative Eleganz. Sie ergibt sich aus der stimmigen Verschmelzung zweier gleichwertig harmonisch eingesetzten Stilelemente: Einmal die Schwarzweiss-Visualisierung im nahezu quadratischen, sogenannten „Academy-Format, zum andern ein stimmungsvoll choreographiertes Musik- und Gestaltungskonzept. Ausgehend von der archaischen Kraft der Volksmusik bringt Pawlikowski Auszüge aus Johann Sebastian Bachs „Goldberg-Variationen“ zu Gehör, aber auch jazzbasierte Ohrwürmer der US-Komponisten Ira und George Gershwin oder Cole Porter sowie zum Ende hin den fetzigen Sound des Rock'n'Roll-Pioniers Bill Haley und Schlagermusik mit südländischem Timbre.

„Cold War“ weitet den Blick auf das nach wie vor spannende zeitgeschichtliche Phänomen des Kalten Kriegs mit seinem Kernkonflikt Sozialismus versus Kapitalismus. Ausgehend vom Zweiten Weltkrieg bis zur Schnittstelle der sich anbahnenden revolutionsähnlichen Umwälzungen in der westlichen Gesellschaft, die in den späteren 1960er-Jahren Konturen annahm.

Tour de Force in Sachen Liebe

Darin eingebettet aber ist das Duo Wiktor und Zula, quasi im Schüttelbecher der Gefühle: Freigeister sind sie beide, ziehen sich magnetisch an und stossen sich wieder ab. Verhaken sich im Widerstreit von entfesselter Erotik, paralysierender Verweigerung, bis haarscharf an die Schmerzgrenze zum Destruktiven, Selbstzerstörerischen.

Nein, mit der „Leichtigkeit des Seins“ hält es Paweł Pawlikowski gewiss nicht. Aber dass man als Zuschauer beim Zelebrieren von so viel Weltschmerz nicht resigniert, ist Pawlikowskis filmkompositorischer Meisterschaft geschuldet: Dieser Künstler ist ein sensitiver Geschichts- und Geschichten-Erzähler und ebenso ein begnadeter Schauspieler-Dirigent. Die ganze Besetzung ist untadelig und mit Joanna Kulig und Tomasz Kot präsentiert er Solisten, denen man diese Tour de Force in Sachen Liebe jederzeit abnimmt.

Prinzip Hoffnung am Glimmen halten

Beim Nachdenken über Paweł Pawlikowskis Film ist man ans Sichten von Fotos erinnert, die man wie zufällig aus einem wiederentdeckten Album zieht. Dann betrachtet, kommentiert, neu an- und zuordnet. Und man wird Paweł Pawlikowski als lebenserfahrener Verführer erkennen, der bei aller Tristesse, die seine Liebestragödie umflort, eine von Empathie genährte Kreativität einzubringen weiss und so das Prinzip Hoffnung am Glimmen hält; das macht „Cold War“ zur cineastischen, magischen Delikatesse.

„Cold War“ läuft aktuell in den Deutschschweizer Kinos

Link zum Trailer

 

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Peter F. Drucker, US-Ökonom, 1909–2005

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Das Wichtigste in einem Gespräch ist, zu hören, was nicht gesagt wurde.

Die Polstergruppe

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Alle wissen, was das ist. Viele haben eine zuhause im Wohnzimmer stehen. Doch seltsam: Auf der mehrere Wort-Datenbanken abfragenden Plattform www.dwds.de („Das Wortauskunftsystem der deutschen Sprache in Geschichte und Gegenwart“) heisst es: „’Polstergruppe’ ist nicht in unseren gegenwartssprachlichen lexikalischen Quellen vorhanden.“ Das Wort existiert zwar gemäss DWDS, aber es ist nicht lexikonwürdig. Auch der Duden fremdelt mit dem Begriff. Er registriert ihn, verweist aber bei der Bedeutungsübersicht kurz angebunden auf „Polstergarnitur“, und nur dort findet er eine Erklärung der Wortbedeutung angebracht.

Liegt das daran, dass man in Deutschland fast nur „Polstergarnituren“, in der Schweiz aber vorwiegend „Polstergruppen“ kennt? – Das ist wenig wahrscheinlich, denn deutsche Wörterbücher verzeichnen in der Regel auch schweizerische (oder österreichische) Ausdrücke. „Polstergruppe“ scheint unter dem Radar der Linguisten zu fliegen.

Das bei Sprachprofis unbeachtete Wort ist in der Schweiz völlig alltäglich, auch schriftsprachlich. Doch zugleich ist es ein wenig seltsam. Bilden Möbelstücke denn eine Gruppe? Eine Garnitur, ja – aber eine Gruppe? Zwar gibt es den mathematischen Begriff der Gruppe, der nicht nur auf Zahlen, sondern auch auf Sachen anwendbar ist. Doch in der Alltagsspache meint „Gruppe“ so gut wie immer eine soziale Formation. Ist bei der Polstergruppe vielleicht schon die intendierte Nutzung mitgedacht, nämlich die Sitzenden zur Gruppe zusammenzuführen?

Die Polstergruppe ist ja durchaus mehr als bloss das Produkte-Package, bestehend aus einem Sofa und zwei Sesseln. Als Mobiliar ist sie die feste Form für ein im Wohnraum stattfindendes Sozialverhalten, sei es der Familie oder der Gastgeber mit ihren Besuchern. Und es ist keineswegs unwichtig, worauf man da sitzt. Mit ihren Polstergruppen inszenieren sich die Wohnenden: die einen leger mit zusammengewürfelten Sitzmöbeln, die anderen statusorientiert mit opulentem Leder, wieder andere cool mit Designerstücken oder individualistisch mit Abweichungen vom Standard.

Polstergruppen sind Statements. Sie verraten, wie ihre Besitzer ticken. Doch neben ihrer Individualität haben die Sitzgelegenheiten auch einen kollektiven Charakter: In ihrer gruppierten Form sind sie als Kernbestandteil des Wohnens Ausdruck einer bürgerlichen Welt, die noch immer weite Teile der Gesellschaft mit einschliesst. Mit der Polstergruppe der eigenen Wahl unterscheidet man sich also einerseits, ordnet sich aber andererseits mit ihr als Phänotyp ins hierzulande gängige Schema des Wohnens ein. Das schmerzt zweifellos die auf Originalität und Eigenständigkeit bedachten Zeitgenossen. Manche Einrichtung verrät denn auch, dass die Bewohner sich gegen diese bürgerliche Ausstattungsnorm mehr oder weniger heftig gesträubt haben, ohne freilich deren Zweck eines Gruppierens von Menschen in häuslicher Behaglichkeit ganz entrinnen zu können.

Wäre das Wort „Polstergruppe“ nicht ein wenig seltsam, gäbe es nicht Anlass zu solchen Gedankenspaziergängen.

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Lee Iacocca, amerikanischer Top-Manager, geboren 1924

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Es ist ein Glück, dass uns der liebe  Gott nicht ein oder zwei Jahre in die Zukunft blicken lässt, sonst wäre man vielleicht versucht, sich zu erschiessen.


Hinter der ‘Wut auf Macron’

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Auf den ersten Blick erscheint die Position des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron gefährdet. Seine Beliebtheitswerte sind tief, die Zustimmung der Franzosen für die ‘Gelbwesten’ hoch. Das ist jene  schwer kategorisierbare Menge von Protestierenden, die sich untereinander und in der Öffentlichkeit als apolitische Normalbürger mit gelben Warnwesten definieren. Sie wollen damit warnen vor der Aufkündigung ihres contrat social einer Gesellschaft gegenüber, die sie als ungerecht, und als in der Person von Macron verkörpert empfinden. Wer sind die Warner, wie gerechtfertigt sind diese Warnungen und wie werden sie sich politisch auswirken?

Zahlen

 Am vorletzten Wochenende sind rund 300'000 Protestierende auf den Strassen Frankreichs marschiert, darunter 30'000 in Paris. Am vergangenen Wochenende waren es noch rund 100'000, davon knapp 20'000 in Paris. Die Zahl der ‘Blockaden’  - an Autobahnzahlstellen, bei Einfahrten in Supermärkte, vor grossen Tankstellen etc. - nahm von ein paar Hundert auf 20 ab. In ganz Frankreich. Eine wirkliche Volksbewegung, zumindest im protest-, streik-, und widerspruchsfrohen Frankreich, sieht anders aus. Zudem dienten die Proteste in Paris, speziell auf der ‘schönsten Einkaufsmeile der Welt’, den Champs Élysées, einer kleineren Gruppe von casseurs als weithin sichtbare Bühne für Gewalt und Zerstörung.

Was aber keineswegs typisch war für die Hauptstadt. Nicht nur im 7., 8. und 16. Arrondissement, wo die haute bourgoisie zu Hause ist, zuckten die Pariser angesichts der Gelbwesten mit den Schultern, wenn sie sich nicht über Verkehrsbehinderungen aufregten. In einer Umfrage anonym und reflexmässig Mitgefühl zum Ausdruck zu bringen ist eines, sich für eine Sache, die offensichtlich nicht unter den Füssen brennt, aktiv einzusetzen, etwas ganz anderes.  

Gegensatz Stadt-Land

Auffällig war zweifellos, dass sich sowohl im ganzen Land als auch bei den nach Paris gereisten Demonstranten auffällig viele Landbewohner befanden. Leute aus der France profonde wo tatsächlich das Leben hart und eintönig sein kann. Tiefe Löhne, relativ hohe Arbeitslosigkeit und wenig Abwechslung in Alltag und Freizeit bilden den Nährboden für Unzufriedenheit.  Es den ‘Oberen’, jenen ‘in Paris’ einmal zu zeigen, liegt da nicht fern.  Und ‘in Paris’ bedeutet in der auf das Staatsoberhaupt zugeschnittenen Verfassung der 5. Republik: Zielscheibe ist der Präsident.  Wut auf Macron ist also einmal institutionell bedingt.

Macron polarisiert

Zudem polarisiert der Mann. Zu schnell sind seine Gedankengänge, zu klar seine Logik und Sprache, zu eindeutig, wenn auch meist richtig seine Diagnose. Zu festgefügt sein politisches credo -  ein kompetitives Frankreich in einem prosperierenden Europa  -  für den Durchschnittsfranzosen, den Macrons zwei Vorgänger an zappligen(Sarkosy) oder phlegmatischen (Holland) Immobilismus gewöhnt haben.

Was Macron einigen Franzosen unsympathisch, und vielen Franzosen leicht unheimlich macht, ist seine offensichtliche Absicht, den Staat als pater familias des Landes etwas zurückzunehmen und damit dem Einzelnen wieder mehr Selbstverantwortung zu geben.  Macron hat das erkannt und versucht, da wo der Staat die Nation tatsächlich verkörpert  -  am Nationaltag, an Gedenkfeiern, bei Staatsbesuchen  -  mitunter etwas pompös, meist aber würdig zu zelebrieren. Und auch in die Verantwortung zu nehmen.

So als er den Kolonialismus, historisch in Europa nur noch von England stärker verkörpert als von Frankreich, als Verbrechen gegen die Menschheit bezeichnete. Und dem mit der eben dekreditierten Rückgabe von kolonialem Raubgut aus den grössten Museen Frankreichs an die Herkunftsländer in Afrika auch nachleben wird.

Vernünftige Politik

Ein Beispiel das zeigt, dass Macron politisch kaum Fehler macht, jedenfalls von der Sache her. Seine Aussen- und Europapolitik ist schlicht eine Inspiration. Was gäbe Europa und die EU ohne Macron für eine Figur ab zu einem Zeitpunkt, wo sich in Deutschland eine personelle Wachtablösung abspielt und sich zunehmend finstere Nationalgesellen im Namen des Kontinents und seiner Werte bemerkbar machen? Wie neben den notorischen Orban und Kaczynski nun auch der Italiener Salvini und der Österreicher Strache.

 Macrons Wirtschaftspolitik zielt darauf hin, endlich Ernst zu machen, um der Volkswirtschaft mehr Innovation, Bewegungsfreiheit und damit auch mehr Wettbewerbskraft zu geben. Seine Energie-, Ressourcen- und Digitalpolitik bewegen sich alle in der richtigen Richtung: Weg von nuklearer und fossiler, hin zu erneuerbarer Energie. Besteuerung und Eingrenzung der Digitalindustrie, die sich auch in Europa mit Silicon Valley-Allmacht breit zu machen droht. International kann man sich am Klimapolitiker Macron nur freuen, wie er ‘Paris’ gegen Klimawandel-Leugner wie Trump und andere verteidigt. Und: Speziell in der Schweiz sollte man anerkennen, dass unter Macron mit der Schliessung des Nuklearkraftwerkes Fessenheim in die Dreiländerecke endlich Ernst gemacht wird. Auch gegen die eigenen Gewerkschaften.

Ausnahme Fiskalpolitik

Konnte man Macron bei seiner Kraftprobe mit den Eisenbahnern sowohl von der Materie  -  Beschneidung historischer, heute ungerechtfertigte Privilegien  - als auch von der Form  -  ruhige Unbeirrbarkeit  - her folgen, gilt dasselbe nicht von seiner Fiskalpolitik. Wohl im Bemühen, die französische Privatwirtschaft rasch wieder international konkurrenzfähig zu machen, hat er über das Ziel hinausgeschossen. Steuererleichterungen für Unternehmen und wohlhabende Einzelpersonen  -  welche sich ja auch und  gerade in die Schweiz mit ihrer Pauschalbesteuerung abgesetzt hatten  - gekoppelt mit mehr fiskaler Belastung von Dieselbenzin und Öl war zuviel des Guten.

Die seit der Finanz/Wirtschaftskrise von 2007 und später rasch global zunehmende Ungleichheit innerhalb von eigentlich florierenden Volkswirtschaften ist natürlich auch in Frankreich eines der ganz grossen Probleme. Wenn in einer französischen Provinzstadt, also nicht auf dem Land, ein junger mir persönlich bekannter Digitalfachmann nach langer Jobsuche nur den Mindestlohn SMIG von gerade mal 1500 Euro pro Monat erhält, stimmt etwas grundsätzlich nicht mehr im Lohn- und Preisgefüge. Diese weit verbreiteten, tiefen Anfangslöhne in der französischen Privatindustrie sind ein Skandal. Volkswirtschaftlich widersinnig sind sie auch deshalb, weil nicht kaufkraftfördernd und gesellschaftspolitisch gefährlich, da so die breite Mittelklasse ausgeblutet wird. 

Tut was er sagt

Über seine eben verfügte Kosmetik am Benzinpreis hinaus, wird Macron also da ansetzten müssen, will er in drei Jahren wiedergewählt werden. Dafür stehen die Chancen nicht allzu schlecht, weil auch schimpffreudige Franzosen, les ralleurs, durchaus anerkennen, dass sie endlich eine Regierung haben, welche tut was sie sagt. Zudem ist im Lande weit und breit keine auch nur annährend gleichwertige Konkurrenz auszumachen, weder links noch rechts vom Mittepolitiker Macron. Als Nachbarn und Europäer kann man in der Schweiz nur hoffen, dass er Erfolg haben wird.

     

       

     

    

   

 

     

 

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«Ambitionierte Pläne»

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Im ersten Jahrtausend unserer Zeitrechnung waren die seefahrenden Araber führend. Die Seidenstrasse zu Wasser beherrschten sie und machten satte Gewinne. Abgelöst wurden die Araber ab dem 12. Jahrhundert allmählich von den Chinesen. Neu konstruierte Schiffe und vor allem die Erfindung des Kompasses trugen zur nachhaltigen Überlegenheit bei.

Admiral Zheng He demonstrierte das augenfällig mit seinen sieben Reisen zwischen 1405 und 1433 von Asien bis Ostafrika. Das Tributsystem, das fremde Machthaber verpflichtete, die Überlegenheit der chinesischen Kultur und der Oberhoheit der Kaiser anzuerkennen, war die chinesische Variante des internationalen Handels.

Industrielle Revolution

Nach den Reisen Admiral Zhengs mit seinen Riesenflotten wandte sich China wieder nach Innen. Kurz danach begann das Zeitalter der europäischen Schifffahrt, zunächst mit den Spaniern und den Portugiesen, danach mit den Holländern und Franzosen und schliesslich mit den Briten. Dank der Renaissance, der Reformation und der wissenschaftlichen Revolution wurde das Zeitalter der europäischen Aufklärung möglich und somit auch die von Grossbritannien ausgehende industrielle Revolution.

Den Briten erlaubte dies, obwohl bevölkerungsmässig nur eine mittlere Macht, eine auf neuester Technologie – Dampfschiffe – aufbauende Flotte zu bauen. So wurde Grossbritannien im ausgehenden 18. Jahrhundert und im 19. Jahrhundert zur beherrschenden Weltmacht.

Multipolare Welt

Grossbritannien wurde im 20. Jahrhundert allmählich von den USA abgelöst. Ohne mächtige Flotte, erstmals auch mit Flugzeugträgern, wäre ein Sieg der mit den Amerikanern alliierten Staaten im II. Weltkrieg gegen Deutschland und Japan unmöglich gewesen. Im 21. Jahrhundert schickt sich nun das Reich der Mitte erneut an, auf den Weltmeeren eine wichtige Rolle zu spielen.

Im Unterschied zum 18.,19. und 20. Jahrhundert allerdings wird das 21. Jahrhundert eine multipolare Welt. Neben der Supermacht USA wird die regionale Supermacht China künftig auf den Weltmeeren, zumal im Pazifik, im Ost- und Südchinesischen Meer eine entscheidende Rolle spielen.

Militärbudgets

Im Westen wird deshalb jeweils bei der Präsentation des chinesischen Militärbudgets am Nationalen Volkskongress im März hyperventiliert. Zahlen freilich zeigen nur, dass das moderne China nach vierzig Jahren Reform und Öffnung nach Aussen ganz einfach seine Streitkräfte und, wegen der enorm langen Grenzen zum Meer, die Marine modernisiert. Im vergangenen Jahr betrug das Militärbudget der USA 610 Milliarden Dollar, jenes von China 228 Milliarden; danach folgen Saudi-Arabien mit 69,4, Russland mit 66,3 und Indien mit 63,9 Milliarden Dollar.

«Liaoning»

Für Schlagzeilen und alarmierende Kommentare sorgte nun Ende November die Ankündigung der amtlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua (Neues China), die Volksrepublik baue an einem dritten, mit neuer Technologie ausgestatteten Flugzeugträger. Bereits als vor sechs Jahren der erste chinesische Flugzeugträger «Liaoning» in Dienst gestellt wurde, sorgte das in westlichen Kanzleien und Medien für besorgte Aufmerksamkeit.

 «Liaoning» allerdings ist ein alter in den 1980er-Jahren gebauter Flugzeugträger, der 1998 von der Ukraine aus Sowjetbeständen gekauft worden ist. Der zweite chinesische Flugzeugträger wurde von China gebaut, ist aber bis auf wenige Details der «Liaoning» nachempfunden. Das Schiff mit dem Typennamen 001A lief im April des laufenden Jahres von Stapel und wird derzeit auf See getestet.

Start mit Katapulten

Der dritte nun im Bau befindliche Flugzeugträger läuft unter der Typenbezeichnung 002 und ist von A bis Z von chinesischen entworfen worden. Ob das Schiff mit über 70`000 Tonnen Wasserverdrängung, über 300 Meter Länge und 75 Meter Breite atomgetrieben wie die amerikanischen Träger oder dampfgetrieben wie «Liaoning» und 001A sind, ist nicht bekannt.

Der neueste chinesisch Träger wird zudem wie die amerikanischen seine Flugzeuge von elektromagnetischen Katapulten starten können. Das erhöht laut Experten die Schlagkraft erheblich. Auf der «Liaoning» beispielhalber wird noch mit Sky-jumps oder Schanzen gestartet. Das erlaubt allerdings nur ein Abfluggewicht von rund dreissig Tonnen. Mit dem Katapult sind fünfzig Tonnen möglich, also mehr Kerosin und mithin grössere Reichweite sowie mehr Bewaffnung.

Chinesische Experten gehen davon aus, dass 002 in zwei bis drei Jahren in Dienst gestellt werde. 002 wird überdies wohl nicht nur Flugzeuge an Bord haben. Chinesische Experten gehen davon aus, dass auch Drohnen mit faltbaren Flügeln eingesetzt werden. Eine solche Drone mit der Typenbezeichnung HK-5000G wurde an der «Airshow China 2018» in Zhuhai ausgestellt.

«Auf jedem Kontinent Stützpunkte»

Bereits ist auch ein vierter Flugzeugträger in Planung. In einem Kommentar der «Global Times» - einem Ableger des Parteiblattes «Renimin Ribao» (Volkszeitung) – heisst es, China habe bezüglich Flugzeugträger «ambitionierte Pläne». Konteradmiral Yin Zhuo ist der Meinung, dass China im Westpazifik und im Indischen Ozean Flugzeugträgerverbände brauche. Dafür, so der Konteradmiral, seien insgesamt «fünf bis sechs» Flugzeugträger nötig. Militärexperte Xu Guangyu geht noch einen Schritt weiter: «Es ist zu hoffen, dass China auf jedem Kontinent Stützpunkte haben wird». Entlang dem Indischen Ozean von Myanmar über Sri Lanka und Pakistan bis hin zu Mogadischu ist das bereits nahe an der Wirklichkeit.

Auch Indien rüstet auf

Auch Indien, erpicht auf Kontrolle des Indischen Ozeans, rüstet maritim auf. Ein russisch gebauter Flugzeugträger (40`570 t) ist seit 2013 im Einsatz. Zwei weitere sind im Bau. Ein Träger mit 40`000 Tonnen Wasserverdrängung wird dreissig Flugzeuge aufnehmen und im Jahre 2023 in Dienst gestellt. Ein atomgetriebener 65`000t-Flugzeugträger mit 55 Flugzeugen an Bord wird kurz danach operationell sein.

Indien wäre also hinter den USA und China die drittgrösste Trägermacht der Welt. Andere Staaten wie Frankreich mit einem einzigen Flugzeugträger («Charles de Gaulle») oder Russland mit «Admiral Kusnetsow» fallen dagegen ab. In Südostasien verfügen noch Thailand, Australien, Japan und Südkorea über Helikopterträger.

USA mit 75 Jahren Erfahrung

Das Betreiben von Kampf-Gruppen ist hoch komplex. Die Amerikaner haben damit über 75 Jahre Erfahrung. Neben dem Flugzeugträger mit bis zu siebzig Kampfjets sind im amerikanischen System normalerweise ein Kreuzer mit Lenkwaffen, sechs bis acht Zerstörer oder Fregatten zur Abwehr gegen Luftangriffe, ein Angriffs-Unterseeboot sowie ein Munitions- und ein Versorgungsschiff beteiligt. Der gesamte Mannschaftsbestand beträgt knapp über 7`000.  

Die USA verfügen über insgesamt elf Flugzeugträger. Marine-Experten gehen davon aus, dass wegen Revisionen und den stets nötigen Modernisierungen zwei bis drei Träger nötig sind, damit stets der Einsatz eines Flugzeugträgers gesichert ist.

"USS John F. Kennedy"

Unangefochten an der Spitze sind die USA, und sie werden es wohl noch lange bleiben. Umso erstaunlicher, dass der neue, im Bau befindliche chinesische  Flugzeugträger 002 soviel Aufmerksamkeit in westlichen Medien erhält, nicht aber der neueste Wurf der Amerikaner. Nach der atombetriebenen Nimitz-Serie folgen nun drei Träger mit neuesten Entwurf und mit modernster Technologie. Die «USS Gerald R. Ford» soll 2023 in Dienst gehen. Zwei weitere dieser Klasse sind noch geplant. Ein Träger soll den Namen «USS John F. Kennedy» erhalten.  

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Kann Merkel zwischen Putin und Poroschenko vermitteln?

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«Angela, lasst uns Angela einbeziehen», sagte US-Präsident Trump in Bezug auf den verschärften russisch-ukrainischen Konflikt um das Asowsche Meer in einem Interview der «New York Post». Trump, der die deutsche Bundeskanzlerin Merkel am G-20-Gipfeltreffen in Buenos Aires treffen wird, tönte damit an, was auch andere besorgte Beobachter der jüngsten Konfrontation zwischen den beiden Nachbarländern und Ex-Sowjetrepubliken schon zum Ausdruck gebracht hatten. Der ukrainische Botschafter in Berlin, Melnyk, hat in einem Radio-Interview erklärt, es dürfe zur Entspannung des Konflikts nicht nur Floskeln geben, es müsse gehandelt werden. «Das kann nur die Kanzlerin.»

«Winterkrieg» am Asowschen Meer?

Zwar gibt es darüber, wie konkret gehandelt werden soll, sehr verschiedene Meinungen, nicht nur zwischen Kiew und Moskau, sondern auch unter westlichen Politikern und Beobachtern. Doch dass etwas unternommen werden sollte, um eine Ausdehnung des seit viereinhalb Jahren mottenden Krieges in den von Kiew abtrünnigen Donbass-Gebieten auf das Asowsche und das Schwarze Meer zu verhindern, darüber besteht weitherum Einigkeit. Ein «Winterkrieg» an der Küste des Asowschen Meeres, den der Militärkommentator Felgenhauer in der Kreml-kritischen Zeitung «Nowaja Gaseta» als mögliches Schreckensszenario in die Debatte wirft, sollte jedem Beobachter vor Augen führen, was für Risiken hier auf dem Spiel stehen.

Begonnen hatte die Konflikteskalation am vergangenen Sonntag, als russische Grenzschutzschiffe drei kleinere ukrainische Marineboote vor der Meerenge von Kertsch bei der Einfahrt ins Asowsche Meer gerammt und beschossen haben und danach die Schiffe samt deren Mannschaft beschlagnahmt haben. Die Ukraine hat in der Folge in den südöstlichen Teilen des Landes für 30 Tage das Kriegsrecht ausgerufen, das ihr und der Armee erweiterte Handlungsmöglichkeiten erlaubt.

«Provokation» unbd «Hysterie»

Ein russisches Schiff blockiert am 25. November den Durchgang unter der neuen Brücke, die bei der Meerenge von Kertsch das russische Festland mit der Krim verbindet und den Zugang zum Asowschen Meer beherrscht. (Foto: Keystone/AP Photo)
Ein russisches Schiff blockiert am 25. November den Durchgang unter der neuen Brücke, die bei der Meerenge von Kertsch das russische Festland mit der Krim verbindet und den Zugang zum Asowschen Meer beherrscht. (Foto: Keystone/AP Photo)

Die russische Regierung wirft der Ukraine Provokation vor, deren Schiffe seien in vorübergehend gesperrte «russische Gewässer» eingedrungen. Putin persönlich meinte im Fernsehen, der ukrainische Präsident Poroschenko heize die Hysterie um den Zwischenfall deshalb an, um seine schlechten Aussichten bei den Präsidentschaftswahlen im kommenden März zu verbessern. Die ukrainischer Seite wiederum pocht darauf, dass in einem bilateralen Abkommen zwischen Moskau und Kiew ausdrücklich festgehalten wird, dass das Asowsche Meer kein rein russisches Gewässer ist und alle Themen in diesem Zusammenhang und die Meerenge von Kertsch «nur auf friedliche Art im Einvernehmen von Russland und Ukraine gelöst werden». Dieser Vertrag ist im April 2004 von Russland ratifiziert worden.

Welcher Präsident profitiert?

Solange nicht andere Fakten auftauchen bleibt somit festzuhalten, dass die russische Regierung sich ebenso wenig an diesen Vertrag hält wie an das Budapester Memorandum von 2004, in dem die territoriale Integrität der Ukraine garantiert wurde. Durch die Annexion der Krim und die militärische Einmischung in der Ostukraine wird dieses Abkommen seit 2014 eindeutig gebrochen.

Putins Argument, Poroschenko gehe es mit dem schrillen Lärm um den Zusammenstoss bei der Meerenge von Kertsch hauptsächlich um ein billiges Wahlkampfmanöver lässt sich allerdings auch gegen den Kremlchef umkehren. Dessen Popularität soll laut Umfragen auf einen tiefen Stand wie vor der Krim-Annexion gesunken sein. Bekanntlich ist seine Beliebtheitskurve unmittelbar danach in stratosphärische Höhen geschnellt. Nicht wenige Beobachter trauen es dem gewieften Manipulator durchaus zu, dass diese Erfahrung auch beim Entscheid zur Kaperung ukrainischer Marineboote eine Rolle spielte.

Merkels Einsatz in der Ukraine-Krise

Gewichtiger aber sind wohl andere Motive in Moskau. Zweifelsohne geht es dem Putin-Regime darum, das seit dem Maidan-Umsturz vor fünf Jahren dem Westen zuneigende Nachbarland Ukraine politisch und wirtschaftlich zu destabilisieren – und so wenn möglich wieder in den nahen russischen Einflussbereich «heimzuholen».  

Die Blockierung oder weitgehende Unterbindung der Zufahrt zum Asowschen Meer wäre ein schwerer Schlag gegen die beiden Seehäfen Berdjansk und Mariupol. Dies würde den Südosten der Ukraine, der durch den von Moskau mit geschürten Separatisten-Krieg im Donbass ohnehin schon unter Armut und Flüchtlingselend leidet, zusätzlich schwächen. Selbst eine Ausweitung der Kriegszone bis zu den Hafenstädten Mariupol und Berdjansk ist nicht undenkbar.

Was könnte die deutsche Bundeskanzlerin tun, um das Risiko derartiger Konfliktverschärfungen zu reduzieren? Zunächst ist festzuhalten, dass Merkel mit Abstand am meisten Erfahrung im Umgang mit dieser Nachbarschaftskonfrontation hat. Ohne ihr dezidiertes Auftreten gegenüber Putin vor vier Jahren wäre selbst das brüchige Waffenstillstandsabkommen von Minsk wahrscheinlich nicht zustande gekommen. Möglicherweise wären auch  keine EU-Sanktionen gegen Russland  verhängt worden und vielleicht hätte Putin im Frühjahr 2014 seine Truppen auf der Krim und im Donbass bis nach Kiew weitermarschieren lassen.

Verschärfte Sanktionen?

Merkel hat nach dem Zusammenstoss bei der Meerenge von Kertsch sowohl mit Poroschenko als auch mit Putin telefoniert. Gegenüber ukrainischen Wünschen zur Entsendung von Nato-Schiffen in die Asowschen Gewässer reagierte sie mit einer Absage: Es gebe nach ihrer Ansicht keine militärische Lösung dieses Konflikts. Damit entspricht sie der allgemeinen Meinung im Westen.

Doch es ist gut denkbar, dass Merkel bei ihrem geplanten Gespräch mit Putin in Buenos Aires auf die Möglichkeit verschärfter westlicher Wirtschaftssanktionen hinweist, falls Russland die Blockade des ukrainischen Schiffsverkehrs ins Asowsche Meer nicht aufgeben sollte. Darunter könnte im Extremfall die Sistierung der geplanten zweiten Northstream-Pipeline für den russischen Gasexport nach Westeuropa fallen - obwohl der deutsche Wirtschaftsminister Altmaier diese Woche einen solchen Schritt nicht in Betracht ziehen wollte.

Putins Risiko-Kalkül

Die Putin-Verharmloser im Westen, die seine expansiven Machtdemonstrationen als verständliche Antwortz auf die angebliche westliche Einkreisung Russlands rechtfertigen, und dabei die Sicherheitsinteressen der früheren osteuropäischen Untertanenländer geflissentlich ausblenden, kritisieren zwar die westliche Sanktionspolitik seit langem als sinnlos und obendrein kontraproduktiv. Doch Putin selber, dem die stagnierende Wirtschaft und enttäuschenden ausländischen Investitionen im eigenen Land nicht gleichgültig sein können, dürfte die Risiken verschärfter ökonomischer Druckmassnahmen kaum derart oberflächlich beurteilen.

Sollte es in nächster Zeit zu einer Lockerung der Zufahrtsblockade zum Asowschen Meer kommen – oder zumindest zu ernsthaften Verhandlungen darüber – so steht zu vermuten, dass dabei der Einfluss der deutschen Bundeskanzlerin eine nicht geringe Rolle spielt. Vorläufig aber bleibt eine glimpfliche Entwicklung an der neuen Front des ukrainisch-russischen Krieges nur eine Hoffnung.

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Theodor Heuss, erster deutscher Bundespräsident, 1884–1963

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Eines Tages werden Maschinen vielleicht denken, aber sie werden niemals Phantasie haben.

Tod von George H. W. Bush

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Seine Frau Barbara war im April dieses Jahres 92-jährig gestorben. George H.W. Bush ist der Vater des späteren Präsidenten George W. Bush.

George H. W. Bush im JHR 2005 (Foto: Keystone)
George H. W. Bush im JHR 2005 (Foto: Keystone)

George H.W. Bush war im Herbst 1988 zum Präsidenten gewählt worden. Während seiner Amtszeit, die er im Januar 1989 antrat, endete der Kalte Krieg. Er gehörte zu den resolutesten Verfechtern der Vereinigung Deutschlands und pflegte ein freundschaftliches Verhältnis zu Michail Gorbatschow. Er leitete auch die amerikanische Irak-Politik ein, die schliesslich im Chaos endete. Zunächst vertrieb er Saddam Husseins Armee aus Kuweit und schickte dann 400'000 amerikanische Soldaten an den Golf.

Er ist einer der wenigen Präsidenten, die nur eine Amtszeit lang im Weissen Haus sassen. Die Amerikaner nahmen ihm vor allem seine gebrochenen Wahlversprechen übel. Er versprach, keine Steuern zu erhöhen („Read my lips“) und tat es dann dennoch. Sein Nachfolger wurde der junge Bill Clinton.

George Herbert Walker Bush stammt aus einer alteingesessenen reichen Familie in Neuengland. Während des Zweiten Weltkriegs war er Marinepilot und wurde von den Japanern über dem Pazifik abgeschossen.

Die Familie Bush, wie auch die Familien Clinton und Obama, haben sich immer wieder negativ über den jetzigen amerikanischen Präsidenten geäussert. Der Republikaner George H.W. Bush gab offen zu, dass er den Republikaner Donald Trump nicht gewählt hat.

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„Kurze Antworten auf grosse Fragen“

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Man braucht weder brillanter Physiker, noch revolutionärer Kosmologe zu sein, um dieses neue Buch mit einer Mischung aus Faszination, Zweifel und Ehrfurcht zu lesen. Stephen Hawking war Astrophysiker und begabter Autor, der uns hier einen Blick in seine Welt werfen lässt. Hawking verstarb am 14. März 2018 in Cambridge. Posthum – sozusagen als persönliches Vermächtnis – gibt er uns seine Antworten auf zehn grosse Fragen, die ihn bis zuletzt umtrieben. Diese sollten auch uns beschäftigen.

Ein Perspektivenwechsel eröffnet neue Denkwege

In seiner kurzen Einführung zu Hawkings Gedanken und Thesen betont Kip S. Thorne den Wert informeller Gespräche unter Kollegen (in diesem Fall in einem Hotelzimmer in Moskau), da „sie am Anfang neuer Denkwege stehen können“. Hawking, so meint er, dessen luzider Gedankengang sich auf Einsteins Gleichungen zur Allgemeinen Relativitätstheorie und weiteren Beobachtung und Theorien stützte, pflegte zudem monatelang über Entdeckungen nachzudenken, „betrachtete sie erst von der einen, dann von der anderen Seite, bis er schliesslich eines Tages zu einer Einsicht kam“.

Wie einfach und doch so wertvoll scheint dieser Hinweis auf die Arbeitsweise des berühmtesten Naturwissenschaftlers unserer Zeit, dessen Gedanken zu Ursprung und Zukunft der Menschheit oder Künstlichen Intelligenz (KI) in die Gedankenwelten der Leserinnen und Leser eindringen mögen um dort  - nolens volens – auch Zweifel an deren persönlichen Meinungen oder politischen Thesen zu säen. Es sei mir gestattet, in diesem Zusammenhang noch an eine Äusserung Einsteins - Hawkings grossem Vorbild -  zu erinnern: „Probleme kann man nicht mit der gleichen Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind“.

Sehr grosse Fragen

Hawking fühlte sich glücklich, einen Beitrag zum Bild des Universums – das sich in den letzten 50 Jahren erheblich verändert hatte – geleistet haben zu können. Nebenbei erinnert er daran, dass eine der grossen Offenbarungen des Weltraumzeitalters darin bestand, dass es der Menschheit die Sicht auf sich selbst ermöglichte. „Betrachten wir die Erde vom All aus, sehen wir uns selbst als Ganzes. Wir nehmen die Einheit wahr und nicht das Trennende. Ein einfaches Bild mit einer unwiderlegbaren Botschaft: ein Planet, eine Menschheit“. Und so fordert er eindringlich mutiges Handeln im Zusammenhang bei den entscheidenden Herausforderungen unserer globalen Gemeinschaft. Sein Vermächtnis: „Ich hoffe, dass sich, wenn ich gegangen bin, Menschen mit Einfluss und Macht finden, die Kreativität, Mut und Führungsqualitäten besitzen. Mögen sie die Kraft haben, die Ziele der nachhaltigen Entwicklung zu erreichen, und nicht aus Eigennutz handeln, sondern im Interesse des Gemeinwohls. Ich weiss nur zu gut*, wie kostbar die Zeit ist. Nutzt den Augenblick! Handelt jetzt!“ (*er litt während 55 Jahren seines Lebens an amyotropher Lateralsklerose (ALS), einer unheilbaren Erkrankung des Nervensystems).

Hawking gibt uns seine Antworten auf diese grossen Fragen zu bedenken

  • Gibt es einen Gott?
  • Wie hat alles angefangen?
  • Können wir die Zukunft vorhersagen?
  • Was befindet sich in einem Schwarzen Loch?
  • Sind Zeitreisen möglich?
  • Wie gestalten wir unsere Zukunft?
  • Werden wir auf der Erde überleben?
  • Gibt es anderes intelligentes Leben im Universum?
  • Sollten wir den Weltraum besiedeln?
  • Wird uns Künstliche Intelligenz überflügeln?

Am Anfang stehen Träume

Hawking, der von sich selbst sagt, er hätte auf diesem Planeten ein ausserordentliches Leben geführt „während ich gleichzeitig mithilfe meines Verstandes und der physikalischen Gesetze durch das Weltall gereist bin“, führt diese persönliche Geschichte auf „seinen“ Traum zurück. „Ich hatte gute Freunde in der Schule (ich war kein besonders guter Schüler, meine Arbeiten waren unordentlich, meine Handschrift unlesbar…). Wir diskutierten über alles Mögliche und besonders über den Ursprung des Universums. Da begann mein Traum und ich bin glücklich, dass er in Erfüllung gegangen ist.“

1988 hatte Hawking sein Buch veröffentlicht „Eine kurze Geschichte der Zeit“ – seither ist er auch einem weltweiten Publikum bekannt. Schon damals forderte er zum Nachdenken und letztlich Realisieren/Begreifen des Umstandes heraus, den er etwa so formulierte: Wir leben in einem Universum, das von rationalen Gesetzen bestimmt wird – Gesetzen, die mithilfe der Naturwissenschaft entdeckt und verstanden werden können.

Die Erde wird zu klein für uns

Gezwungenermassen verzichte ich in diesem kurzen Beschrieb von Hawkings Thesen darauf, diese im Detail zu erörtern. Aber stellvertretend sei die Frage herausgegriffen, ob wir auf der Erde überleben werden. Denn diese ist in vieler Hinsicht bedroht. „Die Erde wird zu klein für uns. Unsere Ressourcen wie beispielsweise die Bodenschätze erschöpfen sich mit rasanter Geschwindigkeit. Wir haben unserem Planeten das katastrophale Geschenk des Klimawandels beschert. Steigende Temperaturen, Rückgang der Polkappen, […] Krieg, Hungersnot, Wassermangel  […] – eigentlich alles lösbare Probleme, die aber sämtliche bis heute nicht gemeistert sind. Wir alle verursachen die globale Erwärmung. Wir wollen Autos, Reisen, einen höheren Lebensstandard. Das Problem ist nur: Wenn die Menschen schliesslich merken, was sie anrichten, ist es höchstwahrscheinlich schon zu spät.

Diese Feststellungen sind wahrlich nicht neu. Vielleicht ist es aber hilfreich, wenn ein anerkannter und respektierter Naturwissenschaftler dies ohne wenn und aber in Erinnerung ruft und bestätigt.

Hawkings Überzeugung ist die, dass wir mit unserer Zukunft auf dem Planeten Erde mit unverantwortlicher Gleichgültigkeit umgehen. Mit einem deutlichen Seitenhieb auf die verantwortlichen Politiker weltweit denkt er ausserdem, dass der Zustand unserer Welt politisch offensichtlich instabiler ist als je zuvor in seiner Erinnerung, was zur Folge hätte, dass sich viele Menschen „abgehängt“ fühlten und sich folge dessen Populisten anschliessen würden, „deren Fähigkeit, in einer Krise einen kühlen Kopf zu bewahren sich erst noch erweisen muss.“

Was würde die Welt verändern?

Abschliessend fordert Hawking seine Leserschaft auf, neugierig zu sein, „etwas zu tun, das ihr erfolgreich tun könnt. Gebt nie auf, das ist am wichtigsten! Lasst eurer Phantasie freien Lauf! Gestaltet die Zukunft!“ In diesem Zusammenhang ist er überzeugt, dass es in Zukunft grosse Erfindungen geben wird, die die Art und Weise, wie wir leben und arbeiten revolutionieren werden. Das Aufkommen Künstlicher Intelligenz beschert uns Wendepunkte, bei denen selbstfahrende Autos ohne Fahrer nur Zwischenschritte sind. „Solche Leistungen sehen vermutlich im Vergleich zu dem, was die kommenden Jahrzehnte bringen, eher unbedeutend aus…“

Gefragt, welche Idee, die die Welt verändern kann, er sich umgesetzt wünschen würde, meint er: „Ich wünsche mir die Weiterentwicklung der Fusionsenergie, die uns ein unbegrenztes Quantum an sauberer Energie liefern würde. Und den Umstieg auf Elektroautos.“

Stephen Hawking: „Kurze Antworten auf grosse Fragen“, Klett-Cotta (2018)

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Sentinelles, à moi!

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Plus théâtralement encore, conviendrait-il que je postule pour l’au-delà en m’enfonçant dans la mer à la manière de Crin-Blanc et de la poétesse argentine Alfonsina Storni?

J’échapperais ainsi au grand déluge que l’on nous promet dans tous les journaux, sur toutes les ondes. Chaque jour apportant son lot de titres anxiogènes. Ainsi, la prochaine COP – elle porte le numéro 24, je crois – ne serait rien d’autre que « le rendez-vous de la dernière chance ». Je déglutis les nouvelles douloureusement. La « dernière chance »… avant quoi?

L’angoisse me prend à la gorge quand me parviennent les prophéties de plates-formes de pétition en ligne. Tambourinant des messages apocalyptiques, des cyber-militants font appel à la prise de conscience du plus grand nombre. Sans jamais oublier de demander le « pizzo » de circonstance, 1 euro, voire plus,  si affinités. Multipliez par des milliers de clics, le commerce est juteux. Mais il vrai que la sauvegarde du paradis terrestre n’a pas de prix.

Sentinelles, à moi! Cette communauté oubliée de l’océan Indien a survécu au grand tsunami de 2004. Elle s’est rappelée récemment tragiquement au bon souvenir des médias grâce au sacrifice du Sébastien de service, un missionnaire évangéliste imprudent, mort sous les flèches pour avoir péché par excès de prosélytisme. Vivant comme leurs ancêtres, débarqués sur l’île il y a 6000 ans, les Sentinelles sont, paraît-il, très attentifs aux messages de Dame Nature. En 2004, ils décelèrent des signes prémonitoires parmi les animaux, qui les convainquirent de se réfugier sur une colline d’où ils réchappèrent à la catastrophe.

Je ne serai jamais une Sentinelle, et pour cause, j’aime trop le chocolat. Mais leur mode de vie me donne de l’espoir. Suis-je sur le bon radeau?

Location: 
La Méduse
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Der Migrationspakt verwirrt die Politiker

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Allein der Begriff Migration in Verbindung mit der Uno, lässt die Bürgerlichen  aufschreien. Und der Bundesrat verliert die Ruhe. Noch vor einem guten Monat hat dieser, obschon dem Kollegen Ignazio Cassis der Pakt offenbar nicht geheuer war, in einer Mitteilung geschrieben, der Bundesrat werde den Migrationspakt in Marokko wie vorgesehen im Dezember gemeinsam mit den anderen Staaten genehmigen.

Bundesrat hat Kommissionen zu spät orientiert

Es gehört zwar zu den Aufgaben des Bundesrats, nicht verbindliche Verträge selber zu unterzeichnen, doch sofern sie „wesentlich“ sind, ist er verpflichtet, vorgängig die Aussenpolitischen Kommissionen zu konsultieren; jedoch nicht das Parlament als solches. Erst nachdem der Bundesrat Ja zum Pakt gesagt hatte, wurden die Kommissionsmitglieder informiert. Das empfanden sie als einen Affront. Dass Aussenminister Cassis die zuständigen Kommissionen nicht früher orientiert hat, zeugt von mangelndem Fingerspitzengefühl. Dieses Versehen hat die Kritik am Pakt ins Masslose anschwellen lassen. Da sich Ständerat und Nationalrat jetzt mit dem Migrationspakt befassen, strapazieren nun sie die Regeln der Aufgabenteilung zwischen Regierung und Legislative zu ihren Gunsten.

Die ersten Proteste gegen den Migrationspakt  kamen von SVP-Politikern. Sie bekräftigten den Kampfgeist der Befürworter der Selbstbestimmungsinitiative. Die SVP sah im Migrationspakt einen zusätzlichen Grund, Schweizer Recht über internationales zu setzen. Das hat einem Teil der Initiativgegner beunruhigt, doch am 25. November ist die SVP-Initiative klar abgelehnt worden.

Heftige Reaktionen von SVP und Freisinnigen

Von der SVP mit ihrer konsequenten ausländerfeindlichen Politik war nichts anderes zu erwarten, als eine kategorische Ablehnung des Migrationspakts. Verunsichert durch harte Kritik in schillernden Tönen haben die Freisinnigen die Ruhe verloren und blasen ins gleiche Horn wie die SVP; sie sind offenbar nicht mehr in der Lage, unabhängig vom negativen Getöse, den Pakt mit kühlen Kopf zu beurteilen, wie es für eine liberale Partei angezeigt wäre. Während sich die FDP-Fraktion gegen den Migrationspakt ausgesprochen hat, bleibt die CVP zurückhaltender, verlangt jedoch ebenfalls eine Diskussion im Parlament.

In der emotionsgeladenen Diskussion im Ständerat vom letzten Donnerstag, hat kein einziges bürgerliches Ratsmitglied den Migrationspakt verteidigt; die Kleine Kammer wurde ihrem Ruf als „chambre de réflexion“ nicht gerecht. Einzig die sozialdemokratischen Ständeräte haben aufgezeigt, weshalb es sinnvoll ist, dass der Bundesrat dem Pakt zustimmt. Auch die Haltung des Bundesrats, der betont, eine Zustimmung zum Pakt sei in Interesse der Schweiz, wurde vom Rat nicht zur Kenntnis genommen.

Klare Schranken des Pakts

Worum geht es tatsächlich bei diesem vielgeschmähten Pakt? Angesichts der Tatsache, dass kein Land allein die Migration bewältigen kann, soll der Pakt einen wichtigen Beitrag zur internationalen Zusammenarbeit leisten. Dabei ist zu beachten, dass dieser Pakt die Flüchtlinge nicht einschliesst, deren Rechte und Pflichten in den Internationalen Genfer Abkommen aus dem Jahr 1951 geregelt sind. Der Pakt bekräftigt in der Einleitung wiederholt, dass er für die Staaten nicht rechtlich bindend ist. Im Wortlaut heisst es: „Der globale Pakt bekräftigt das souveräne Recht der Staaten, ihre nationale Migrationspolitik selbst zu bestimmen, sowie ihr Vorrecht, die Migration innerhalb ihres Hoheitsbereichs in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht selbst zu regeln. Innerhalb ihres Hoheitsbereichs dürfen die Staaten zwischen regulärem und irregulärem Migrationsstatus unterscheiden.“

Viele Ziele sind auch Anliegen der Schweiz

Der Pakt hat zum Zweck, im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit die Situation der Migranten zu verbessern. Insgesamt umfasst er 23 Ziele: beispielsweise sollen die Staaten verpflichtet werden, ihren Bürgerinnen und Bürgern Identitätspapiere abzugeben, den Kampf gegen die Schlepper und die Menschenhändler zu führen und Migranten in Lebensgefahr zu retten. Weiter ist gegen die Diskriminierung vorzugehen: In diesem Zusammenhang wird verlangt, dass den Medien, welche systematisch Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus verbreiten, die öffentlichen Mittel entzogen werden. Dass derartige Diskriminerungen systematisch erfolgen, dürfte die Ausnahme sein. Doch dieser Vorschlag hat umgehend den Protest der Schweizer Verleger hervorgerufen.

Eine Schwachstelle solcher internationaler Abkommen besteht darin, dass sie umständlich und ausufernd formuliert sind, um ja nichts zu übersehen. Sie enthalten einen so grossen Strauss Vorschläge, dass einzelne Anregungen besser unterbleiben würden. Die Texte sind zudem kompliziert und alles andere als leserfreundlich.

Herkunftsländer werden in die Pflicht genommen

In den Darstellungen des Pakts durch bürgerlichen Parteien und Politiker werden die Vorteile für die Schweiz kaum erwähnt. Es scheint, dass sich alle auf mögliche Schwachpunkte konzentrieren, um ihrem Unmut freien Lauf zu lassen.

Für die Schweiz enthält der Pakt jedoch zweifellos Vorteile: Besonders in Ziel Nummer 2 „Minimierung nachteiliger Triebkräfte und struktureller Faktoren, die Menschen dazu bewegen, ihre Herkunftsländer zu verlassen.“ Die Staaten sind verpflichtet, „förderliche politische, wirtschaftliche und soziale Bedingungen sowie Umweltbedingungen zu schaffen, unter denen die Menschen in ihren eigenen Ländern ein friedliches, produktives und nachhaltiges Leben führen und ihre persönlichen Ambitionen verwirklichen können.“ Gleichzeitig ist dafür zu sorgen, dass Verzweiflung und sich verschlechternde Umweltbedingungen die Menschen „nicht dazu veranlassen, durch irreguläre Migration anderswo eine Existenzgrundlage zu suchen.“

Auch das Ziel 21 ist ganz im Sinne der Schweiz, denn es setzt auf die internationale Zusammenarbeit, um eine sichere und würdevolle Rückkehr und Wiederaufnahme von Migranten zu ermöglichen, sowie deren nachhaltige Reintegration in ihrem Herkunftsland.

Spätere Änderungen muss das Parlament bewilligen

Die Analyse des Bundesrats kommt zum Schluss, dass der Migrationspakt den Interessen der Schweiz entspricht und die Schweiz in den verschiedenen angesprochenen Politikbereichen die Empfehlungen des Pakts bereits umsetzt. Das Departement für auswärtige Angelegenheiten hat zudem auf Anfrage folgendes festgehalten: Für weitergehende Verbesserungen zugunsten der Migranten „müsste eine Vorlage den gesetzgeberischen Prozess durchlaufen und dem fakultativen Referendum unterstellt werden“. Es wäre somit ein Entscheid des Parlaments und allenfalls des Volks nötig.

Dem Migrationspakt zuzustimmen und an dessen Anwendung mitzuwirken, bietet also kaum das Risiko, dass auf schleichendem Weg günstigere Bedingungen für  Migranten eingeführt würden, denn das Parlament oder allenfalls das Volk haben immer das letzte Wort. Möchten die National- und Ständeräte wirklich dem Uno-Pakt fernbleiben, zusammen mit den USA von Präsident Trump, Ungarn von Orban und dem von Populisten bestimmten Österreich? Deutschland jedenfalls hat sich vom lärmenden und kategorischen Nein zum Migrationspakt der „Alternative für Deutschland“ nicht beirren lassen: der Bundestag hat mit grosser Mehrheit dem Pakt zugestimmt.

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Pablo Escobar, kolumbianischer Drogenboss, erschossen heute vor 25 Jahren

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In modern business, it is not the crook who is to be feared most, it is the honest man who doesn’t know what he is doing.

Moderne Architektur kreativ eingefangen

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Die erste Fotografie der Geschichte ist eine Architekturaufnahme. Nicéphore Niépce machte sie mutmasslich im Frühherbst 1826 in Saint-Loup-de-Varennes, als er auf dem Gutshof Le Gras mit einer Camera obscura den Blick aus dem Fenster seines Arbeitszimmers festhielt.

Das Sonnenlicht, das die Gebäude auf beiden Seiten des Bildes trifft, legt nahe, dass die Belichtung der Fotoplatte, die mit lichtempfindlichem Asphalt beschichtet war, rund acht Stunden dauerte. Niépce, 61 Jahre alt,  nannte sein Verfahren damals Heliografie. Heute ist die Aufnahme „Point de vue du Gras“ in der Hauptlobby des Harry Ransom Center der Universität Texas in Austin zu sehen.

Gebäude eigneten sich, wie Landschaften, als Sujets der frühen Fotografie, weil die ersten Kameras, gross und unhandlich, es nicht zuliessen, bewegliche Objekte einzufangen. Auch als sich die Fototechnik fortentwickelte, blieben Gebäude und Städte, neben Porträts und natürlicher Umwelt, beliebte Sujets des neuen Mediums.

„Die Geschichte der Fotografie verrät ein ständiges Interesse an der Wiedergabe städtischer Umgebung und der Erstellung architektonischer Typologien“, schreibt Pedro Gadanho, Direktor des Lissaboner Museums für Kunst, Architektur und Technik (MAAT), im Nachwort zu „Shooting Space“. Der 2014 erschienene Bildband beleuchtet die Rolle der Architektur in der zeitgenössischen Fotografie: „Unabhängig davon, und sobald die Technik es eher erlaubte, hat die Architektur die Fotografie rasch vereinnahmt.“

Im Gegensatz zur Malerei, die die Fotografie bei der Wiedergabe der Wirklichkeit als Widersacherin sah, hat die Architektur die Fotografie seit Ende des 19. Jahrhunderts als Werkzeug begrüsst, um Design der Wirklichkeit anzunähern. Als im 20. Jahrhundert der Wunsch wuchs, architektonisches Schaffen breiter publik zu machen, wurden Fotografien wichtiger als Pläne oder Beschreibungen, um das Schaffen eines  Architekten zu präsentieren.

Ähnlich dem Autorenkino, sagt der Direktor des MAAT, hat sich in der Architekturfotografie eine Autorenszene etabliert: „Inmitten einer ständigen Flut von Bildern, die, wie es stets heisst, die Essenz der Architektur gefährdet, suchen wir den Bildermacher, der über den Durchschnitt hinausragt, jenen Architekturfotografen, dem es gelingt, eine eigenständige Sichtweise zu bewahren.“

Zu dieser Spezies gehört der 71-jährige Zürcher Marcel Chassot. Zwar hat der promovierte Ökonom, der am Institut für Empirische Wissenschaften der Universität Zürich forschte und während Jahren in der Lehre tätig war, erst relativ spät begonnen, Architektur intensiv zu fotografieren – als engagierter und wissensdurstiger Autodidakt. Die Liebe zum Medium hatte er von seinem Vater geerbt.

 sop Architekten: Hotel Hyatt Regency, Düsseldorf, Foto Marcel Chassot 2010
sop Architekten: Hotel Hyatt Regency, Düsseldorf, Foto Marcel Chassot 2010

Wie Marcel Chassot in einem Interview mit dem „baublatt“ sagt, war seinerzeit die Begegnung mit den Sakralbauten Mario Bottas für ihn prägend. Die Kirchen des Tessiners nennt er „Orte des Staunens und der Ergriffenheit“, wie alle Bauwerke, die ihn ansprechen. Solche attraktiven Bauten lösen in ihm den unwiderstehlichen Wunsch aus, sich fotografisch mit ihnen auseinanderzusetzen. Das grenze, räumt er ein, an eine Sucht.

EM2N Müller Niggli: Wohn- und Geschäftshaus Rietpark, Schlieren, Foto Marcel Chassot 2014
EM2N Müller Niggli: Wohn- und Geschäftshaus Rietpark, Schlieren, Foto Marcel Chassot 2014

Als Architekturfotograf sieht Marcel Chassot Parallelen zwischen der früheren Tätigkeit und seiner heutigen Passion: „Hier wie dort geht es um systematisches Arbeiten.“ Wobei Standortwahl und Lichteinfall  entscheidende Faktoren sind. Sie bedingen das systematisches Begehen eines Objekts und das Abwarten des richtigen Lichteinfalls: „Dies erfordert, analog zur wissenschaftlichen Forschung, Geduld, Frustrationstoleranz und Durchhaltevermögen.“

Coop Himmelb(l)au, Trias Fussgängerbrücke BMW Welt, München, Foto Marcel Chassot 2007
Coop Himmelb(l)au, Trias Fussgängerbrücke BMW Welt, München, Foto Marcel Chassot 2007

Dank dieser Tugenden ist unter dem Titel „Marcel Chassot: Architektur und Fotografie – Staunen als visuelle Kultur“ ein grossformatiger Farbbildband entstanden, der im renommierten Münchner Kunst- und Architekturverlag Hirmer erscheint.1)

Man täte dem opulenten Werk jedoch Unrecht, es in erster Linie als „coffee table book“ einzustufen, wie das prächtigen Fotobänden gern widerfährt. Marcel Chassot und Autor Wolfgang Meisenheimer nähern sich dem Thema sowohl vom fotografischen Bild als auch von der Geistesgeschichte her – kompetent, neugierig und mit Liebe zum Detail.


Marcel Chassot, zu 95 Prozent ohne Stativ unterwegs, fotografiert relativ selten in der Totale. Er sucht sich gerne charakteristische Strukturen, aus Beton, Stahl und Glas, die er in der Regel  mit einem Weitwinkelobjektiv aus der Nähe oder der Halbdistanz einfängt und die in der Folge zu abstrakten, intensiv leuchtenden Mustern mutieren. Losgelöst von den Bauwerken, zu denen sie gehören, beginnen diese Muster ein visuelles Eigenleben zu führen, das ihren eigentlichen Zweck vergessen lässt und die Daseinsberechtigung allein aus der Bildqualität bezieht. Und die Farbfotografien lassen den Betrachter staunen, wie das der Untertitel des Bildbandes verspricht.  

Zaha Hadid: Learning and Library Center Wirtschaftsuniversität, Wien, Foto Marcel Chassot 2013
Zaha Hadid: Learning and Library Center Wirtschaftsuniversität, Wien, Foto Marcel Chassot 2013

Als Architekturfotograf will Marcel Chassot, wie er selbst sagt, „abstrahieren, geometrisieren und ästhetisieren“. Als taugliche Objekte dienen ihm aussergewöhnliche Bauten zeitgenössischer Architekten. Da ist, wie erwähnt, Mario Botta. Da sind Santiago Calatrava, Frank Gehry, Zaha Hadid, Herzog & de Meuron, Daniel Libeskind oder Peter Zumthor – ein veritables „Who’s who“ ihrer Zunft. Doch auch dem breiten Publikum weniger geläufige Namen wie Enrique de Teresa, Rolf Gnädinger oder Andreas Meck sind vertreten. 

Daniel Libeskind: Westside Einkaufs- und Freizeitzentrum, Bern, Foto Marcel Chassot 2008
Daniel Libeskind: Westside Einkaufs- und Freizeitzentrum, Bern, Foto Marcel Chassot 2008

Marcel Chassot versteht sich nicht als Jäger und Sammler von Stararchitekten.  Als Fotograf wählt er seine Sujets, unabhängig vom Namen, in erster Linie mit Blick auf den Gestaltungsspielraums aus, den er aufgrund des ersten visuellen Eindrucks seiner Vorrecherchen erwartet: „Das resultierende Licht- und Schattenspiel sowie die zahllosen Möglichkeiten, die vielgestaltigen Elemente der Konstruktion durch entsprechende Wahl der Perspektive neu und in veränderter Gewichtung zu kombinieren, machen diese Form von Architektur (…) besonders attraktiv.“ Zum Beispiel Frank Gehrys Guggenheim Museum in Bilbao.

Frank Gehry: Guggenheim Museum, Bilbao, Foto Marcel Chassot 1997
Frank Gehry: Guggenheim Museum, Bilbao, Foto Marcel Chassot 1997

Marcel Chassots Sujets ist denn eines gemeinsam: Sie sind alle eigenständig, sie sind oft unkonventionell und sie sind alle, populär ausgedrückt, Hingucker –  gemäss jenem Double Entendre der blonden Filmschauspielerin Mae West (1893-1980), die einmal bemerkte: „It’s better to be looked over than to be overlooked.“  

Im Text geht Professor Wolfgang Meisenheimer aus wissenschaftlicher Sicht der Frage nach, weshalb der Architekturfotograf Marcel Chassot nach Strukturen sucht, die er als schön empfindet.  Der Autor, selbst Architekt und Architektur-Theoretiker, nennt drei Schichten, die für den Fotografen eine wesentliche Rolle spielen: „die euklidischen Ordnungen, in der Antike wurzelnd, die Orientierung an der modernen Leib-Philosophie und das Erbe des Kubismus aus den Anfängen der Malerei“.  Seine anspruchsvollen Erklärungen versteht Wolfgang Meisenheimer als „gedankliche Netze, die helfen, Ideenhintergründe mitzulesen.“

Tadao Ando: Ausstellungsgebäude Langen Foundation, Hombroich D, Marcel Chassot 2004
Tadao Ando: Ausstellungsgebäude Langen Foundation, Hombroich D, Marcel Chassot 2004

Marcel Chassot, folgert der Autor, bilde die mathematischen Elemente und Systeme nicht ab, wie sie etwa den gebauten Dingen anhafteten, sondern liefere vielmehr bedeutungsvolle Ausschnitte, die vom Betrachter zu ergänzen und zu verstehen sind: „Er setzt der gelenkten Betrachtung einen Rahmen, in dem das gestalthafte Material sich vor den Augen des Betrachters ordnet.“  Wolfgang Meisenheimer zufolge ist Marcel Chassots fotografische Darstellung „zunächst und vor jeder Interpretation Augentraining sowie Erinnerung an die Geschichte der Malerei und in diesem Sinne philosophische Belehrung“.

Noch ist die Architekturfotografie, 198 Jahre nach der ersten Aufnahme von Nicéphore Niépce, nicht am Ende ihres Weges angelangt. Mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht zu einer Zeit, da Digitaltechnik exakt abbilden kann, wie Gebäude aussehen werden. Und da Drohnen es erlauben, neue, bisher unbekannte Sichtweisen bei beliebigem Abbildungsradius der Umgebung  zu erschliessen.

Die Gattung, fordert deshalb Pedro Gadanho, müsse in Zukunft ihren herkömmlichen Status als blosses Werkzeug bei der neutralen, realistischen Wiedergabe von Architektur überwinden: „Während die bebaute Umgebung nach wie vor ihr Sujet ist, nährt sich die künstlerische Autonomie (der Architekturfotografie) zunehmend von der Fähigkeit, einen Dialog mit zeitgenössischer Architektur und Städtelandschaften aufzunehmen (…). So verliert das Genre seine  Abhängigkeit von der Architektur oder deren urbanen Thematik und wird wieder mehr reine Fotografie.“ Wie Marcel Chassot sie bereits heute praktiziert. 

1) Marcel Chassot: Architektur und Fotografie - Staunen als visuelle Kultur, Texte Wolfgang Meisenheimer, 374 Seiten, 256 Seiten in Farbe, Hirmer Verlag 2018, CHF 85.00

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Tränengas, Wasserwerfer

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Vermummte Demonstranten errichteten Barrikaden und zündeten Autos und Kehrichtcontainer an. Die Sicherheitskräfte reagierten mit Tränengas und Wasserwerfern.

Laut Polizeiangaben waren die samstäglichen Demonstrationen – die dritten in Folge – „wesentlich gewalttägiger“ als am Samstag zuvor.

Unter die Demonstranten hatten sich auch Anhänger rechts- und linksextremer Gruppierungen gemischt. Allein auf den Champs-Élysées demonstrierten nach Angaben der Polizei 5'000 Menschen. 430 Demonstranten wurden festgenommen, 20 wurden verletzt.

130'000 Demonstranten

Laut einer jüngsten Meinungsumfrage unterstützen 84 Prozent der Französinnen und Franzosen die Forderungen der Demonstranten.

Protestiert wurde nicht nur auf den Champs-Élysées, sondern auch in anderen Quartieren der Hauptstadt und in zahlreichen anderen Städten, vor allem in Marseille. In Paris und Marseille gingen insgesamt 130'000 Menschen auf die Strasse. Ausser auf den Champs-Élysées verliefen die Proteste mehrheitlich friedlich.

Präsident Emmanuel Macron verurteilt die Ausschreitungen scharf. „Es gibt in Frankreich keinen Platz für Gewalt“, sagte er nach seiner Rückkehr vom G20-Gipfel in Buenos Aires.

Kommentatoren hatten vergangene Woche geglaubt, die Proteste würden langsam abebben. Dass sie jetzt derart virulent erneut ausbrachen, hat viele überrascht. Die Polizei spricht von den heftigsten Ausschreitungen seit zehn Jahren.

„Er lebt in einer anderen Welt“

Die Bewegung der „Gilets Jaunes“ richtete sich zunächst gegen die Erhöhung der Benzinpreise. Rasch entwickelte sie sich jedoch zu einem allgemeinen Protest gegen die Regierung Macron. Auf Spruchbändern wurde der Rücktritt von Macron gefordert.

Kommentatoren sind sich einig, dass der Präsident bisher wenig souverän auf die Ausschreitungen reagiert hat. Ausser einigen Floskeln falle ihm wenig ein, hiess es. Vor allem sein vom Fernsehen übertragener Auftritt mit allen Bürgermeistern des Landes wurde als Phrasendrescherei kritisiert. „Er lebt in einer anderen Welt“, erklärte ein Fernsehkommentator. Das eher regierungsfreundliche Magazin „L’express“ schrieb: Anderthalb Jahre nach seinem Amtsantritt habe es Macron nicht verstanden, den Graben in der Gesellschaft zu verkleinern. „Es gelang ihm nicht einmal zu überzeugen, dass er dies tun will“.

Nach seiner Rückkehr vom G20-Gipfel besuchte er das Grab des unbekannten Soldaten am Arc de Triomphe. Dort las er eine aufgespritzte Schrift: Macron démission.

Arc de Triomphe (Foto: Keystone/AP/Thibault Camus)
Arc de Triomphe (Foto: Keystone/AP/Thibault Camus)
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Werner Höfer, deutscher Fernsehmoderator, 1913–1997

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Politiker sagen nie, was sie denken. Und Diplomaten verschweigen selbst das, was sie nicht wissen.

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